Dtsch Med Wochenschr 1954; 79(14): 547-550
DOI: 10.1055/s-0028-1115477
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Schädeltrauma und Halswirbelsäule

G. Säker
  • Allg. Krankenhaus Barmbeck in Hamburg, Nervenabteilung (Leiter: Dr. G. Säker)
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Publication Date:
03 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Wir können mit ausreichender Wahrscheinlichkeit somit zusammenfassend sagen: Ein Schädeltrauma kann die HWS im Sinne einer Distorsion in Mitleidenschaft ziehen, wenn die Gewalteinwirkung zu einer Hyperflexion der HWS führt. Einen Beweis für die traumatische Alteration der HWS bilden die lokalen und reflektorischen Symptome, die das Lokalsyndrom des „traumatischen derangement nuchal” ausmachen. Wir finden dieses Syndrom in 10 bis 25% aller frischen Schädeltraumen in der ersten Unfallwoche. Die Art der Symptome, ihre Ausprägung, ihr Beginn und Verlauf entsprechen den Gesetzmäßigkeiten einer Distorsion. Wie das genuine Zervikalsyndrom, so weist auch die traumatische HWS-Distorsion neben den lokalen und reflektorisch-muskulären Symptomen radikuläre Reizerscheinungen auf, und vom vegetativen Syndromanteil sehr häufig und stark das zervikal ausgelöste Kopfbeschwerdesyndrom. Sein Vorhandensein bei reinen HWS-Distorsionsfällen, seine Artgleichheit mit den Kopfbeschwerden beim genuinen Zervikalsyndrom, sein Aufschießen und Verlöschen in zeitlicher Übereinstimmung mit den Lokalsymptomen der HWS-Distorsion lassen den Schluß zu, daß das Kopfbeschwerdesyndrom zervikaler Genese sein kann, und nicht, wie bisher postuliert, stets eine Folge der Hirnstammkommotion ist.

Dieses traumatische Zervikalsyndrom kann als mögliche Komplikation eines Schädeltraumas aufgefaßt werden. Dem Charakter einer Distorsion entsprechend hat sie im allgemeinen eine gute Rückbildungstendenz, so daß die relativ hohe Anfangsquote der ersten Unfallwoche (10—25%) sich nach 3 Wochen auf etwa ein Drittel zurückgebildet hat und nach 2 Monaten auf etwa 2—3%. Eine gesonderte Behandlung der Distorsionsfolgen ist in den ersten 2—3 Wochen kaum erforderlich; nur bei übermäßiger Ausprägung oder bei Persistenz der Kopfbeschwerden empfehlen sich außer Ruhigstellung der HWS Stellatumblockaden, die hierbei besonders wirksam sind, und eine sedative Behandlung der vegetativen Beschwerden.