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DOI: 10.1055/s-0028-1117450
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Differenzierung der Therapie allergischer Erkrankungen mit Nebennierenrinden-Hormonen und Histamin-Antagonisten
1 Vgl. Dtsch. med. Wschr. 76 (1951), 38: 1179.Publication History
Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung
Zusammenfassend ist zu sagen, daß sowohl die Antihistaminika als auch Cortison bzw. ACTH und vielleicht einige auf die Zellteilung wirkende Substanzen heute eine Bedeutung für die Behandlung allergischer Erkrankungen erlangt haben. Diese Stoffe beeinflussen weder die für die Auslösung der allergischen Reaktion verantwortlichen ätiologischen Faktoren, noch die dem allergischen Geschehen zugrunde liegende Antigen-Antikörperreaktion. Es werden vielmehr durch Einwirkungen auf verschiedene Substrate, an denen die im Gefolge der Antigen-Antikörperreaktion auftretenden Reize angreifen, die für die allergische Reaktion charakteristischen funktionellen oder morphologischen Veränderungen vorübergehend abgeschwächt oder unterdrückt. Während die Antihistamine den Rezeptor, auf den Histamin oder ähnliche Substanzen einwirken, in kompetitivèr Weise besetzen, führt Cortison zu einer Änderung der verschiedenen Zellfunktionen, vorwiegend im Mesenchym, und verhindert dadurch die typische entzündliche Gewebsreaktion gegenüber bestimmten Reizen. Aus diesen verschiedenartigen, im einzelnen allerdings erst teilweise abgeklärten Wirkungsmechanismen ergeben sich die therapeutischen Anwendungsgebiete für die Antihistaminika und Cortison. Die ersteren kommen vor allem für die Behandlung mehr oder weniger akut auftretender funktioneller Störungen in Frage, deren Symptomatologie Ähnlichkeit mit bestimmten Histaminwirkungen aufweist (Gefäßerweiterung, Blutdruckabfall, Permeabilitätssteigerung mit Ödembildung, Juckreiz usw.). Cortison übt dagegen einen Einfluß auf allergisch und andersartig ausgelöste entzündliche Reaktionen aus. Die Indikationsgebiete überschneiden sich allerdings insofern teilweise, als Cortison auch gegenüber vorwiegend funktionellen Störungen, bei denen entzündliche Vorgänge nicht im Vordergrund stehen, wirken kann, und zwar wahrscheinlich auf Grund von Veränderungen bestimmter Eigenschaften des Substrates. Dabei ist jedoch der Wirkungseintritt ein wesentlich langsamerer als bei den Antihistaminpräparaten. Eine weitere Möglichkeit zur Abgrenzung der beiden Substanzgruppen liegt in den durch die Behandlung möglicherweise ausgelösten Nebenwirkungen. Während eine symptomatische Therapie mit Antihistaminpräparaten im allgemeinen als gefahrlos angesehen werden kann und keiner besonders strengen Indikationsstellung bedarf, wird Cortison wegen seiner Allgemeinwirkungen auf das Mesenchym, auf das endokrine System und den Stoffwechsel nur ausnahmweise und nur befristet für die Behandlung allergischer Erkrankungen in Frage kommen. Der hohe Preis und die relativ geringen Mengen, die zur Verfügung stehen, verhindern zur Zeit noch die zu häufige Anwendung des Präparates. Es wird jedoch vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt notwendig Werden, eindringlich auf die Gegenindikationen — manifeste oder latente Infektionen, besonders Tuberkulose, Diabetes u. a. — hinzuweisen, um zu verhindern, daß ein an sich wertvolles Präparat durch kritiklose Anwendung in Mißkredit gebracht wird.