Dtsch Med Wochenschr 1949; 74(16): 488-492
DOI: 10.1055/s-0028-1118414
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die Bedeutung des Eiweißmangels für Verlauf und Zunahme der perniziösen Anämie

H. Overkamp
  • Medizinischen Abteilung der Städtischen Krankenanstalten Solingen (Chefarzt: Prof. Dr. H. Wendt)
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Publication Date:
02 June 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Es wird über in den letzten Jahren gehäuft auftretende abnorm verlaufende perniziöse Anämien mit niedrigem Serumbilirubinspiegel, niedrigem Färbeindex, hochgradigen Leuko- und Thrombopenien und Hypoproteinämien berichtet. Die Symptomatologie dieser Erkrankungen war so uncharakteristisch, daß ihre Abgrenzung gegenüber aplastischen Anämien und Panmyelophthisen nur durch die Sternalpunktion gesichert werden konnte. Trotz optimaler Behandlung mit Leberpräparaten verzögerten sich die Regenerationen außerordentlich. Teilweise war eine völlige Normalisierung der Blutbefunde erst durch Bluttransfusionen und Cystinbehandlung zu erreichen.

Nach dem prompten Erfolg dieser Eiweißsubstitutionstherapie und den niedrigen Serumeiweißwerten wird für die mangelhafte Regeneration dieser Fälle der Eiweißmangel verantwortlich gemacht. Die verringerte Hgb.-Füllung der Erythrozyten, die Einschränkung der Hämolyse und die schleichenden Leukozyten- und Thrombozytenanstiege werden als Ausdruck einer durch den Eiweißmangel bedingten zentralgesteuerten „Spareinstellung” der Blutmauserung gedeutet. Diese Spareinstellung erscheint unter den erhöhten Anforderungen, die die Remission einer p.A. an die Hämatopoese stellt, als „funktionelle regeneratorische Knochenmarkinsuffizienz”.

2. Für die Zunahme der Erkrankungen an p.A. seit Kriegsbeginn wird im Zusammenhang mit den geschllderten Eiweißmangelsymptomen der Eiweißmangel als auslösender Faktor verantwortlich gemacht und ein Versiegen der Intrinsic-faktor-Produktion im Rahmen einer allgemeinen Afermentie angenommen.