Zusammenfassung
Einleitung: Die Bevölkerungsstruktur in
Europa und die anthropometrischen Daten der Bewohner haben sich in den letzten
drei Jahrzehnten deutlich verändert. Dieses wirft erneut die Frage nach
der Verwendbarkeit der weit verbreiteten Referenzwerte der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die sich auf die ventilatorische
Lungenfunktion beziehen, auf. Die EGKS-Referenzwerte wurden Ende der 70er-Jahre
vornehmlich an Probanden im mittleren Lebensabschnitt gewonnen, für
ältere Probanden muss daher eine Extrapolation über den
Geltungsbereich der Sollwertfunktionen hinaus durchgeführt werden, die
insbesondere unter dem Aspekt der Begutachtung zu Unsicherheiten und zu
Nachteilen in der Beurteilung führt. Die EGKS-Werte, insbesondere die
unteren Grenzwerte, werden im Vergleich zu aktuellen Untersuchungen
[1]
[2] vielfach als zu niedrig
angesehen und sollten daher möglichst bald ersetzt werden.
Methoden: Wir überprüften die
statischen und dynamischen Lungenvolumina und die maximalen
Atemstromstärken an einem Kollektiv von 176 anamnestisch lungengesunden,
nie rauchenden Männern im Alter von 20 – 90 Jahren und
bezogen die Ergebnisse auf die Referenzwerte der EGKS, der SAPALDIA und
LuftiBus.
Ergebnisse: Der Trend in der
Altersabhängigkeit spirometrischer Parameter (VC, FVC, FEV1,
FEV1 %FVC, PEF, MEF75,50,25) kann über
den Altersbereich von 70 Jahren hinaus mit einer linearen Funktion
(y = – m × Alter + n)
beschrieben werden. Für die Einsekundenkapazität (FEV1)
ergab sich die Funktion
FEV1 = – 0,046 × Alter + 6,11;
r = 0,88. Diese lag bei den jüngeren Männern bei
108 ± 9,9 %, bei den mittelalten bei
105 ± 13,7 % und bei den älteren
Probanden bei 97,3 ± 12,4 % der
EGKS-Referenzwerte. Bei allen gemessenen Parametern wurde eine gegenüber
den EGKS-Werten größere Steigung der Funktionen in Abhängigkeit
vom Alter gefunden. Die Korrelation der Parameter zur
Körpergröße entspricht hingegen weitgehend den EGKS-Werten.
Schlussfolgerungen: Die Messwerte der
ventilatorischen Lungenfunktion von lungengesunden jüngeren Probanden
liegen über den Sollwerten der EGKS, während die der älteren
Probanden im Mittel leicht unter den extrapolierten Sollwerten der EGKS liegen.
Der Altersgang verläuft demnach steiler als durch die EGKS-Referenzwerte
beschrieben. Unsere Ergebnisse erlauben durchaus eine Extrapolation der
Sollwerte über den angegebenen Bereich hinaus. Das Problem liegt
vornehmlich in der Beurteilung anhand des unteren Grenzwertes für kleinere
und ältere Menschen. Die alternativ diskutierten Referenzwertgleichungen
der SAPALDIA-Studie, der NHANES- und zum Teil auch der LuftiBus-Studie liegen
zwar höher, doch können sie den benötigten Umfang an
Messgrößen oder den erforderlichen Altersbereich nicht abdecken.
Eine multizentrische Studie zur Gewinnung neuer Sollwerte wäre daher
notwendig, um die Probleme zu lösen.
Abstract
Introduction: The structure of our aging
population has significantly changed in the last three decades as have also the
anthropometric data. Therefore, the question arises as to whether or not the
largely accepted reference values for ventilatory lung function, which were
suggested by the European Community for Coal and Steel (EGKS), may still be
used today, since these values were obtained in the 1960s from subjects in a
limited age range. For the elderly, the measured values are deduced by
extrapolation beyond the range of reference equations which had been obtained
in a different population. Therefore decisions concerning elderly and smaller
subjects concerning remuneration due to impaired lung function after industrial
exposure on the basis of EGKS values are questionable.
Methods: We have examined lung function using
pneumotachography for recording static lung volumes and flow-volume curves in
176 asymptomatic non-smoking males, aged 20 to 90 years, and correlated the
results to the reference values of the EGKS, SAPALDIA and LuftiBus.
Results: The age dependence of respiratory
parameters (VC, FVC, FEV1, FEV1 %FVC, PEF,
MEF75,50,25) for the healthy subjects can be described with a linear
function
(y = – m × age + n).
The forced expiratory volume in one second, FEV1, is calculated by
FEV1 = – 0.046 × age + 6.11;
r = 0.88. Mean FEV1 for younger subjects was found to be
108 ± 9.9 % of the EGKS reference values,
105 ± 13.7 % in the middle-aged group and
97.3 ± 12.4 % in the older subjects. All
measured parameters concerning lung function can be described as linear
functions of age which are steeper than those described by the EGKS reference
values. The steeper slope in age dependency was also seen in other investigated
parameters. The correlation of lung function parameters to height largely
follows the EGKS predictions.
Conclusions: Measured lung function values of
healthy younger and elderly subjects showed a close correlation to the
extrapolated reference values of the EGKS. Our results relating to normal lung
function justify an extrapolation of the reference equations beyond the common
ranges of age while applying the same limitations as described for subjects in
the middle-age range. Our results permit an extrapolation of EGKS values beyond
the range of the reference values and can be used for the classification of
impaired lung function in older subjects. The alternatively discussed reference
equations of the SALPADIA Study, of NHANES and partially of the LuftiBus Study
are higher, but do not cover all the necessary parameters and/or age ranges. A
multicentric study for contemporary reference values should be performed in
order to solve the problems concerning valid reference values.