Dtsch Med Wochenschr 1942; 68(20): 497-502
DOI: 10.1055/s-0028-1120117
Originalien

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die gerichtete Atelektase als ein wertvolles Symptom in der röntgenologischen und klinischen Differentialdiagnostik

(Ein Beitrag zur Genese und zum Schicksal der gerichteten Atelektasen)F. Strnad
  • Röntgenabteilung (Leiter: Doz. Dr. med. habil. F. Strnad) der Medizinischen Universitätsklinik (Direktor: Prof W. Nonnenbruch) und dem Universitätsinstitut für Strahlentherapie (Direktor: Prof. H. Holfelder), Frankfurt a. M.
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Publication Date:
03 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Bedeutung des Nachweises von gerichteten Atelektasen in den basalen Abschnitten der Lunge für die Erkennung eines krankhaften Prozesses im Organismus ergibt sich aus folgenden Punkten:

1. Die gerichtete, plattenförmige oder basale Atelektase ist die Folge einer mangelhaften Durchlüftung der entsprechenden Lungenabschnitte bei meist gleichzeitig bestehender eitriger oder fibrinöser Bronchitis.

2. Die mangelhafte Durchlüftung der basalen Lungenabschnitte ist die Folge des Bestehens eines krankhaften Prozesses in nächster Umgebung der Zwerchfelle oder der Ausdruck der Fernwirkung eines Krankheitsprozesses im Abdomen oder im Thoraxraum auf die Zwerchfelltätigkeit und damit die Ventilation der basalen Lungenabschnitte, meist bedingt durch den Schmerz, der im primär erkrankten Organ ausgelöst wird und durch den in der Umgebung der Atelektase ausgelösten Schmerz noch verstärkt wird.

3. Die Einseitigkeit der basalen Atelektase weist auf die entsprechende Seite des Abdomens oder des Thorax hin und ermöglicht auf diese Weise ein gewisses gezieltes Suchen nach dem ursächlichen Prozeß. Auch bei einem beiderseitigen Zwerchfellhochstand kann nur eine einseitige Atelektase bestehen und so auf einen pathologischen Prozeß auf der entsprechenden Seite hinweisen.

4. Das frühzeitige Verschwinden der gerichteten Atelektase spricht für eine Besserung der Durchlüftung der entsprechenden Lungenabschnitte und damit für einen Rückgang des krankhaften Geschehens im ursächlichen Organ bei gleichzeitigem Abnehmen des Grades der ausgelösten Schmerzen.

5. Das Breiterwerden einer Atelektase sowie das Unscharfwerden einer vorher scharf gewesenen Grenzlinie spricht für das Hinzukommen einer Anschoppungsatelektase, eventuell für das Auftreten eines infiltrativen Prozesses im Sinne eines bronchopneumonischen oder pneumonischen Prozesses. In ihrer Gesamtheit sprechen diese Symptome für ein Fortschreiten des ursächlichen krankhaften Geschehens.

6. Auffallend schmale, homogene und scharf begrenzte Streifen- und schmale Bandschatten sprechen bei jahrelangem Bestehen und bei völliger Beschwerdefreiheit für das Vorliegen eines narbigen Restzustandes nach einer basalen Atelektase.

7. Die beobachtete Häufung der Fälle, in denen basale gerichtete Atelektasen im eigenen Beobachtungsgut nachgewiesen werden konnten, wird als Folge der klimatisch bedingten häufigen Zahl von Bronchitiskranken aufgefaßt, wodurch der Ausbildung der gerichteten Atelektase eine Förderung geschaffen wird.

8. Die bisher gültige Meinung, daß die gerichteten Atelektasen vorwiegend durch abdominelle Prozesse verursacht werden, muß dahin abgeändert werden, daß auch pulmonale und kardiale Prozesse bzw. krankhafte Veränderungen des knöchernen Thorax basale Atelektasen viel häufiger verursachen können, als bisher angenommen wurde.