Dtsch Med Wochenschr 1942; 68(33): 814-817
DOI: 10.1055/s-0028-1120188
Wehrmedizin

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Über verschiedene Verlaufsformen des Wolhynischen Fiebers

Hermann Kerger - Assistenzarzt d. R.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. Juni 2009 (online)

Zusammenfassung

Auf Grund der Beobachtung von 150 Fällen von W.F. werden verschiedene Verlaufsformen dieser Erkrankung beschrieben: neben der klassischen paroxysmalen Form mit plötzlichem Temperaturanstieg aus voller Gesundheit heraus und in etwa 5tägigen Intervallen auftretenden weiteren Fieberanfällen kommen auch Formen vor, bei denen die subjektiven Beschwerden dem 1. Fieberanfall längere Zeit, manchmal bis zu 3 Wochen, vorausgehen. In diesem präfebrilen Stadium sind oft kleine Temperaturzacken zu sehen, die schon einen wellenförmigen Charakter erkennen lassen können. Auch die Schmerzempfindungen sind oft schon als undulierend zu beobachten. Außerdem gibt es Formen, die ein deutliches Stadium incrementi der Fieberkurve aufweisen, ferner mit einer Kontinua beginnende Erkrankungsfälle, die erst später den paroxysmalen weiteren Verlauf aufweisen. Die Unterscheidung von Fleckfieber ist bei diesen Fällen oft schwer, die Kontinua ist aber beim W.F. nie so ausgesprochen wie beim Fleckfieber, die Kurve zeigt vielmehr deutliche Einschnitte. Ein Milztumor ist in fast 50% der Fälle nachweisbar, bleibt häufig aber nur wenige Tage bestehen. Das Blutbild ist im Anfange differentialdiagnostisch wenig verwertbar, nimmt aber in den meisten Fällen etwa am Ende der 2. Krankheitswoche ein charakteristisches Aussehen an: hohe Leukozytenwerte im Anfall, bis 20 000 und darüber, im Intervall häufig nur wenig erhöhte Leukozytenzahlen. Immer sehr erhebliche Linksverschiebung bis zum Auftreten von Myelozyten. Zunahme der großen Lymphozyten und der Monozyten. Oft Fehlen der Eosinophilen im Anfall, Vermehrung im Intervall. Die Schmerzen beim W.F. werden als Zeichen von Neuritiden gedeutet. Es kann bis zu neurologischen Ausfallserscheinungen kommen. Die Schmerzen können an allen Körpergegenden auftreten, lokalisieren sich später meist in den Beinen, oft ausgesprochen in den Schienbeinen. Letztere Schmerzen werden aber recht häufig völlig vermißt. Die Beinnerven sind meist sehr druckempfindlich, nicht aber die Gelenke, Knochen oder Muskeln. Als Komplikationen wurden lediglich harmlose Herdnephritiden verhältnismäßig häufig gesehen. Therapeutisch scheinen sich außer der symptomatischen Behandlung mit Antineuralgicis intramuskuläre Injektionen von Rekonvaleszentenserum zu bewähren. Sulfonamide, Chinin, Atebrin und Salvarsan haben völlig versagt.