Zusammenfassung
Die chronische syphilitische Nephritis, die hier als einheitliche Krankheitsgruppe
aufgestellt wird, ist eine in der Praxis durchaus häufige Krankheit, deren Diagnose aber nur zu oft unvermutet bleibt, weil sie von vornherein in keine
Abteilung der chronischen Nephritiden recht hineinpaßt, sodaß der Arzt im Zweifel
bleibt, wo sie überhaupt hingehört, wie sie zu deuten und zu behandeln ist. Schon
diese Ausnahmestellung ist für sie charakteristisch, sowie ebenfalls ihre Abhängigkeit
von einer Lues, die meistens lange undiagnostiziert bleibt. Wenn bei Anwesenheit einer
Nephritis eine Lues deutlich hervortritt, wird immer ohne weiteres einem Kausalnexus
zwischen beiden diagnostisch nachgeforscht, wodurch die Sachlage auch meistens geklärt
wird. Bei den hier in Frage kommenden Fällen liegen die Verhältnisse aber anders,
insoweit als die vorhandene Lues meistens so wenig auffallend ist, daß sie einfach
verkannt oder übersehen wird. Die beschriebene Nephritis ist dagegen rein klinisch
derart charakteristisch, daß sie allein zu der Luesdiagnose führen kann, deren Anzeichen
oft auch erst durch die nephritischen Erscheinungen gefunden werden. Während in der
Praxis eine Lues oft eine Nephritis verdeckt oder diese jene nicht erscheinen läßt,
kann diese Nephritis hier als häufiger Wegweiser der Syphilisdiagnose gelten.