Dtsch Med Wochenschr 1937; 63(7): 265-269
DOI: 10.1055/s-0028-1120982
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© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Therapeutische Wirkungen durch phonatorische Stauübungen1

Herbert Biehle in Berlin 1 Bericht über ein Forschungsstipendium, das dem Verfasser Gelegenheit gab, die Indikationsmöglichkeiten einer Übungstherapie unter klinischer Beobachtung zu studieren und zu erproben.
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Publication Date:
04 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Das von G. Armin unter dem Namen Stauprinzip ursprünglich für die Bildung von Sängerstimmen angegebene Verfahren konnte vom Verfasser im Rahmen eines halbjährigen Forschungsstipendiums an klinischem Patientenmaterial auf seine therapeutische Verwendungsmöglichkeit untersucht werden. Die phonatorischen Stauübungen bewähren sich bei funktionellen Stimmstörungen, sofern keine Anomalien vorliegen, und bei chronischen Katarrhen der Luftwege. Das Übungsverfahren ist weiterhin geeignet, Bronchialasthmatikern wesentliche Besserung zu bringen durch Förderung der Expektoration, was bei Bronchiektasien besonders angezeigt ist. Erstmalig wurden die Übungen an Hypertonikern angewendet und zeigten die Möglichkeit, den Blutdruck zu senken, die Amplitude niedriger zu halten und die Pulsfrequenz zu regeln.

Bei allen Patienten wurde eine Kräftigung von Stimme und Lunge sowie eine Reinigung der Luftwege mit besonderer Beeinflussung der Schleimhäute beobachtet. Durch Aktivierung des Patienten ist eine solche Übungstherapie oft medikamentöser Behandlung wie Klimakuren überlegen, ohne diese überflüssig machen zu wollen: sie entspricht der heutigen Anschauung, daß Ruhetherapie den Patienten mehr schwächen kann. Die Übungen erfüllen nicht ihren Zweck, wenn sie zart und ängstlich betrieben werden.

Das Übungsverfahren gibt oft erst den Anstoß, die Willenskraft des Kranken zu mobilisieren und damit eine wesentliche psychische Umstimmung für die Heilungstendenz zu erzielen. Patienten mit Energie und Ausdauer werden fast immer auf Erfolg hoffen dürfen, es spielt dabei das pathologische Krankheitsbild nicht die entscheidende Rolle. Auch stimmlose und unmusikalische Patienten, ebenso auch Kinder, können die Übungen ausführen und je nach Anlage entwickeln.

Wer die Übungen lehren will, muß selbst in der Lage sein, die Patienten stimmlich anzuregen und ihnen das Ziel eigener jahrelanger Spezialstudien demonstrieren können.