Via medici 2008; 13(3): 7
DOI: 10.1055/s-0028-1121846

Hätten Sie’s gewusst? – Was darf man mit einem Schrittmacher?

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. Januar 2009 (online)

Ein Herzschrittmacher (HSM) kann die Lebensqualität von Patienten mit Arrhythmien erheblich verbessern. Doch mit welchen Einschränkungen müssen HSM-Träger leben? Wo lauern im Alltag Gefahren? Wir fragten PD Dr. Christof Kolb, Experte für die HSM- und Defibrillatortherapie, am Deutschen Herzzentrum in München:

Mit welchen elektrischen Geräten muss man als HSM-Träger aufpassen? Darf man zum Beispiel ein Heizkissen verwenden?

Dr. Kolb: Geräte, die mit Wechselstrom laufen, produzieren elektromagnetische Strahlen. Diese können die Sensoren eines HSM prinzipiell irritieren. Allerdings kommt es dazu nur selten – zum Beispiel, wenn die Isolierung der Geräte defekt ist. Dennoch würde ich HSM-Patienten eher Wärmflaschen als Heizkissen empfehlen. Gefährlich sind Apparate mit kräftigen Motoren. In deren Umgebung entsteht ein starkes Magnetfeld. Ich hatte mal einen Patienten, dessen Defibrillator das hochfrequente Signal seiner Schlagbohrmaschine als Kammerflimmern interpretierte. Der Mann bekam einen schmerzhaften Elektroschock. Deswegen sollten HSM-Träger zu solchen Geräten einen Abstand von mindestens einem Meter einhalten. Ob die Metalldetektoren an Flughäfen gefährlich sind, wird kontrovers diskutiert. Wir haben bei einer Studie 350 Patienten unter EKG-Kontrolle durch so einen Metalldetektor geschleust. Dabei konnten wir keine einzige Interferenz feststellen. Trotzdem: Man kann das nicht gänzlich ausschließen.

Beeinflussen Handys Herzschrittmacher?

Dr. Kolb: Seit den 90er Jahren wird empfohlen, Handys etwa 15 cm vom Schrittmachergehäuse entfernt zu halten. Man sollte also nur am kontralateralen Ohr telefonieren und sie sich nicht in die Brusttasche stecken. Wahrscheinlich könnte man diese Empfehlung lockern, da es seit 2000 keinen Bericht mehr über Interferenzen bei neueren Modellen gegeben hat.

Dürfen HSM-Patienten ins MRT?

Dr. Kolb: Die starken elektromagnetischen Felder im MRT können die Gerätesoftware stören, die Hardware beeinträchtigen und die Sondenspitzen erwärmen. Es gibt Forscher, die MRT-Untersuchungen bei bestimmten HSM-Einstellungen für möglich halten. Ich würde sie aber trotzdem nur in absoluten Ausnahmesituationen einsetzen – zum Beispiel bei vitaler Indikation. Zudem lässt sich vieles auch mit einem CT klären!

Sind bestimmte Sportarten mit einem HSM tabu?

Dr. Kolb: Der HSM soll Patienten eigentlich darin unterstützen, sportlich aktiv zu sein. Trotzdem würde ich davon abraten, mit HSM eine Kampfsportart zu erlernen. Ein Karatehieb auf den HSM kann lebensgefährlich sein. Patienten, die seit Jahren trainieren, kann man den HSM unter den Pectoralis-Muskel implantieren, um ihn zu schützen. Tabu ist das Tauchen unter zehn Meter. In diesen Tiefen ist der Umgebungsdruck so hoch, dass der HSM sich verformen und ausfallen kann. Auch Bergtouren über 7000 Meter sollte man meiden. Es ist einfach noch nicht gut genug untersucht, wie Schrittmacher auf solche Höhen reagieren. Gott sei Dank lassen es aber die wenigsten Patienten drauf ankommen. Die meisten sehen ein, dass es für sie problematisch werden könnte, wenn sie auf dem Mount Everest stehen und der HSM aussetzt.

Ein ausführliches Interview mit Dr. Kolb zu diesem Thema finden Sie unter www.thieme.de/viamedici/medizin/wissenschaft/hsm.html. Grübeln Sie auch über einer Frage, auf die Sie keine Antwort finden? Schicken Sie uns Ihre Frage an: via.medici@thieme.de