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DOI: 10.1055/s-0028-1128650
Spätschädigungen der Haut und innerer Organe nach therapeutischer Röntgenbestrahlung
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
26. Mai 2009 (online)

Zusammenfassung
1. Nach Applikation größerer Dosen harter, filtrierter Röntgenstrahlen können gelegentlich Monate bis 1œ Jahre nach Abschluß der Röntgenbehandlung Ulzerationen der Haut auftreten, ohne daß Röntgenerytheme vorausgegangen sind und ohne daß die Haut atrophisch geworden ist (echte Spätulzerationen).
2. Aeußere Reize und ungünstige Zirkulationsverhältnisse (Unterschenkel) begünstigen das Auftreten der Spätulzerationen, bei deren Entstehung noch eine besondere Empfindlichkeit des Gefäßsystems mitzuspielen scheint, da nach den gleichen Dosen an den gleichen Körperstellen relativ selten Spätulzerationen beobachtet sind.
3. Diese echten Spätulzerationen sind nicht zu verwechseln mit den Ulzerationen, die gelegentlich auch auf dem Boden einer nach Applikation unfiltrierter, mittelweicher Strahlen entstandenen Hautatrophie nur durch Einwirkung äußerer Reize entstehen können.
4. Auch an inneren Organen, besonders am Magendarmtractus, sind Spätschädigungen nach Applikation großer Dosen harter, filtrierter Strahlen möglich.
5. In der Röntgen-Tiefen-Therapie ist daher die Intensivbestrahlung im allgemeinen zu verwerfen. Die Dosen sollen nicht größer gewählt werden, als für den gewünschten Effekt unbedingt erforderlich ist, auch wenn dieser Effekt dann nicht so rasch erreicht wird.
Nachtrag bei der Korrektur. In einer sehr interessanten Arbeit von Regaud und Nogier in Bd. 2, H. 2 der „Strahlentherapie” wird die Behauptung aufgestellt, daß Spätschädigungen im Sinne von Spéder und Iselin nur nach der Applikation ungenügend filtrierter Strahlen auftreten, niemals aber nach Anwendung eines 3—4 mm dicken Aluminiumfilters.
Die „stark gefilterten” Strahlen sollen andere biologische Wirkungen und andere Reaktionsformen hervorrufen als die „nicht gefilterten” oder „schwach gefilterten” Strahlen. Recht überzeugend sind die Ausführungen von Regaud und Nogier eigentlich nicht. Sie haben auch nach Applikation „stark gefilterter” Strahlen Erytheme und auch nässende Dermatitiden gesehen. Letztere bezeichnen sie als „Epidermitiden”, also als eine ganz neue Reaktionsform, weil sie bisher keine Atrophie gesehen haben. Die Beobachtungszeit ist aber meines Erachtens in den mitgeteilten Fällen noch zu kurz; die Atrophie könnte immer noch kommen. Auch nach nässenden Dermititiden, die durch ungefilterte Strahlen hervorgerufen sind, sieht ja die Haut zunächst normal aus, die Atrophie entwickelt sich auch hier erst später, sie kann erst nach Monaten oder nach Jahren in Erscheinung treten.
Sicher ist jedenfalls, daß wir nach Applikation ungefilterter Strahlen Spätulzerationen, die aus heiler Haut heraus entstehen, wie das Iselin gelegentlich nach größeren Dosen durch 1 mm dickes Aluminium gefilterter Strahlen beobachtet hat, nicht kennen. Und Iselin schließt gerade daraus, daß mit der Härtung der Strahlen die Gefahr der Spätschädigungen wächst, weil eine Läsion der tiefen Hautgefäße um so eher möglich ist, je tiefer die Strahlen dringen. Nach dieser durchaus plausiblen Annahme müßte man gerade bei dickeren Filtern Spätschädigungen noch mehr fürchten, vorausgesetzt, daß man entsprechende Dosen zur Absorption bringt.