Zusammenfassung
Eine gesunde energische Frau heiratet „aus Liebe” einen sozial höherstehenden Mann.
Besonders habe seine „Güte” sie gefangen genommen. Er hätte ein „gutes Herz”. Die
Weichheit, Schlappheit und Willensschwäche des Mannes hoffte sie ihm mit der Zeit
„abzugewöhnen”. Ihr pädagogischer Optimismus war ungerechtfertigt. Der Ehemann wurde
immer „unmännlicher”. Die Ehe war kinderlos, weil der Mann die Sorgen scheute, welche
— die Kinder mit sich brächten. Schließlich vermochte sie ihren Mann nicht mehr zu
achten. Eine Heilung der Frau ließ sich nur durch die Behandlung des Mannes und ihre
eigne Aufklärung über die Entstehungsbedingungen ihrer neurotischen Erlebnisse erreichen.
Wir entnehmen aus diesem mitgeteilten Beispiel, daß die Art und das Verhalten des
Mannes — bei der Frau die hysterischen Mechanismen ausgelöst hat.
Aus Raummangel will ich das Ergebnis der von mir untersuchten 30 Männer kurz zusammenfassen.
Die Untersuchten ließen sich folgenden Gruppen zuordnen:
Aus dieser Zusammenstellung geht zunächst hervor, daß über die Hälfte der Untersuchten psychisch mehr oder weniger
abwegig war. Bei acht Personen konnte nichts auffälliges ermittelt werden. Es waren
gesunde, im Berufsleben erfolgreiche Menschen. Drei Untersuchte litten an körperlichen
Krankheiten. Sie waren von ihren Ehefrauen jahrelang aufopfernd gepflegt worden. Gberarbeitung,
sexuelles Unbefriedigtsein, Unzufriedenheit mit dem eignen schweren Schicksal hatten
bei den Frauen die neurotischen Erscheinungen ausgelöst. Von den vier Neurasthenikern
waren drei impotent, litten an Schlaf- und Appetitlosigkeit. Alle vier waren leicht
depressiv, hatten hypochondrische Vorstellungen. Bei den restlichen Untersuchten handelte
es sich um psychopathische Persönlichkeiten. Neben haltlosen Alkoholikern, sensitiv-depressiven
und erregbar-aggressiven Psychopathen, fällt vor allem die verhältnismäßig große Zahl
der agitiertängstlichen Persönlichkeiten auf (7). Es waren das unentschiossene, ängstliche,
scheue, teils gutmütige, teils hinterhältige Naturen, die aus Furcht das Licht nicht
zu ertragen, immer im Schatten bleiben - Leisetreter, die, zum Handeln gezwungen,
keinen Entschluß fassen können und, wenn sie einen gefaßt haben, vor dem eignen Mut
erschrecken. Vielleicht ist das die Gattung der „geborenen Pantoffelhelden”, die ihre
ängstliche Nachgiebigkeit mit dem Mantel der „Güte” zudecken?
Soviel steht jedenfalls fest: diese furchtsamen, ewig besorgten Ehemänner sind nicht
selten die Ursache hysterischer Störungen bei der Frau.