Dtsch Med Wochenschr 1925; 51(27): 1102-1103
DOI: 10.1055/s-0028-1136892
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die Bedeutung der symptomlosen „stummen Infektion” für die Immunität

Hans Reiter
  • Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut für experimentelle Therapie und Biochemie in Berlin-Dahlem
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Publication Date:
22 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Die natürlich erworbene Immunität kann der Effekt einer manifesten Infektion sein. In sehr zahlreichen Fällen wird sie aber, wie auch die oft nur scheinbar angeborene Immunität, ihr Entstehen einer symptomlosen, stummen Infektion verdanken. Die Erkenntnis der stummen Infektion mit ihren Folgen der Immunität erklärt die verschiedenartigsten Bilder des Einzelverlaufes der Infektionskrankheiten und des Verlaufes von Endemien und Epidemien, sie gibt uns wertvolle Fingerzeige über die Methoden ihrer Bekämpfung, zeigt aber auch, wo die Grenzen unserer künstlichen biologischen Eingriffe in die Beeinflussung der Seuchen gezogen werden müssen.

Die Immunisierung mit abgetöteten Keimen muß eine grundsätzlich andere Wirkung haben als die Immunisierung mit lebenden Erregern, ihre Wirkungsbreite wird in der Regel enger gezogen werden müssen als die Immunisierung mit lebenden Keimen, kann aber zweifellos unter Umständen auf dem Umwege einer stummen oder abgeschwächten Infektion zu den gleichen oder ähnlichen Ergebnissen führen.

Es wird Aufgabe weiterer experimenteller Forschung im Laboratorium und am Krankenbett sein müssen, für die einzelnen Infektionskrankheiten die bei einer stummen und manifesten Infektion sich abspielenden Prozesse aufzuklären und aus dieser Erkenntnis Vorschläge für eine praktische Bekämpfung zu machen, insbesondere auch festzustellen, inwieweit chemotherapeutische Eingriffe zu begrüßen oder zu fürchten sind, da gerade diese nachgewiesenermaßen eine bestehende Immunität zu zertrümmern vermögen.