Dtsch Med Wochenschr 1921; 47(13): 352-354
DOI: 10.1055/s-0028-1140547
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Unterbindungsbefunde am Hoden unter besonderer Berücksichtigung der Pubertätsdrüsenfrage1)

H. Tiedje
  • Aus dem Pathologischen Institut der Universität in Freiburg i. B. (Direktor: Geh.-Rat Aschoff.)
1) Gekürzt nach einem in der Sitzung der Freiburger Medizinischen Gesellschaft am 22. II. 1921 gehaltenen Vortrag. Vorläufige Mitteilung. Die ausführliche Arbeit wird später veröffentlicht.
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Publication Date:
24 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Bei einseitiger Vas deferens-Unterbindung und anderseitiger Kastration entwickelt sich der jugendliche Hoden normal weiter, während der geschlechtsreife degeneriert und später wieder völlig regeneriert, meist unter Bildung einer Spermatozele.

Bei beiderseitiger Unterbindung sind die Befunde ähnliche.

Isolierte einseitige Unterbindung führt zur völligen Inaktivitätsatrophie des unterbundenen, bei kompensatorischer Hypertrophie des andern Hodens.

Das Erhaltenbleiben und der Grad der Ausprägung der Geschlechtscharaktere, wie überhaupt das ganze männliche Verhalten — soweit es überhaupt von der Geschlechtsdrüse abhängig ist — hängt von dem spermatogenen Anteil des Hodens und seinen spezifischen zellulären Eiweißsubstanzen ab.

Die Zwischenzellen sind als Stoffwechselapparat des Hodens anzusehen und weisen, ebenso wie die Sertoli-Zellen, unter gewissen Bedingungen Gestalts- und Ortsveränderungen auf.

Die für die innere Sekretion der Zwischenzellen des Hodens angeführten Beweise sind nicht stichhaltig. Die innere Sekretion wird von den generativen Zellen besorgt.

Wenn auch noch zur weiteren Nachprüfung der „Pubertätsdrüsenlehre” besonders die Transplantationsversuche wiederholt, vor allem auch die viel schwierigere und ungeklärtere Frage der weiblichen Pubertätsdrüse genau untersucht werden muß und das Studium der Wechselbeziehungen zwischen Keimdrüse und den übrigen Drüsen mit innerer Sekretion hier sicher noch manches klären wird, so hat doch die Nachprüfung dieser einen Beweisführung für die Pubertätsdrüsenlehre zu einem gänzlich andern Ergebnis geführt, und ich muß daher auf Grund dieser Befunde das Bestehen einer besonderen „Pubertätsdrüse” im Sinne Steinachs ablehnen.