Die Wirkung von Narcotica-Kombinationen
Zusammenfassung
Zwei gleichzeitig oder kurz nacheinander in den Organismus eingeführte Narcotica wirken
im allgemeinen bedeutend stärker, als man einer einfachen Addition der zwei Einzeleffekte
nach erwarten würde. Diese Verstärkung, die das zwei- und dreifache oder ein noch
höheres Multiplum der durch Addition berechneten Wirkung ausmachen kann, ist am bedeutendsten
dann, wenn die zwei Medikamente mit verschiedenen Substanzen des Organismus chemisch
verwandt sind; d. h. wenn sie verschiedene Zellrezeptoren haben. Diesen Fall haben
wir z. B. bei den Arzneikombinationen von Skopolamin mit Morphium oder einem Narcoticum
der Fettreihe, ferner bei der Vereinigung von Morphium mit einem Narcoticum der Fettreihe
vor uns. Die Wirkungen verschiedener Narcotica der Fettreihe unter sich dagegen (Paraldehyd,
Chloralhydrat, Urethan) addieren sich im allgemeinen glatt, da diese Medikamente alle
den gleichen Zellrezeptor (Lezithin-Cholestearin) haben.
Es wurde ferner gefunden, daß die Dosis x ein und desselben Narcoticum stärker wirkt,
wenn sie in zwei oder mehreren rasch aufeinanderfolgenden Teildosen, als wenn sie
auf einmal gegeben wird. Diese Tatsache wurde mit der Annahme erklärt, daß die Zelle
in zwei resp. drei Zeiteinheiten von dergleichen Arzneimenge mehr aufnehmen kann als
in einer Zeiteinheit. Andere Erklärungsmöglichkeiten wurden kurz erwähnt. Aus dieser
und aus der érstgenannten Beobachtung ergab sich dann die Hypothese, daß eine Zelle
aus einem Gemisch von zwei resp. drei Arzneien in der Zeiteinheit mehr an pharmakologisch
wirksamer Substanz aufnehmen kann, wenn sie für jede der Arzneien einen besonderen
Rezeptor hat. Es verlaufen dann mehrere chemische bzw. pharmakologische Reaktionen
gleichzeitig nebeneinander. Außerdem kann man bei Anwendung eines Arzneigemisches
infolge der verschiedenen Resorptionszeiten der einzelnen Bestandteile ein Nacheinander
der Einzelwirkungen und damit wieder eine Verstärkung des Gesamteffektes erhalten.
Außer den genannten Narcoticakombinationen wurden auch Opiumalkaloid-, Brom- und Antipyreticagemische
untersucht. Die mit den bisher untersuchten Gemengen erhaltenen Befunde und Anschauungen
führten zu allgemeinen Betrachtungen über die Bedeutung von Arzneigemischen.