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DOI: 10.1055/s-0028-1143495
Ueber Placenta praevia1)
1) Nach einem in der Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie in Leipzig am 18. Dezember 1907 gehaltenen Vortrage.Publication History
Publication Date:
11 August 2009 (online)
Zusammenfassung
1. Eine Dreiteilung des Uterus ist anatomisch gerechtfertigt und zum Verständnis physiologischer und pathologischer Vorgänge bei der Geburt, speziell der Placenta praevia notwendig. 2. Die Ueberdachung des inneren Muttermundes durch Zottengewebe ist der Genese nach einwandfrei noch nicht klargestellt. Von den drei Möglichkeiten — Verschmelzung der Schleimhaut am Os internum als Basis zur Einidation; Umwucherung des Cervicalkanals durch die Zotten mit oder ohne Zuhilfenahme eines Teiles von Reflexaplacenta; schließlich letztere allein — haben die beiden letztgenannten Theorien das meiste für sich. 3. Die Blutung bei Placenta praevia rührt zu einem großen Teil aus Zerreißungen der den vorliegenden Placentarlappen überziehenden Decidua infolge Eröffnens der intervillösen Räume her. 4. Die Bezeichnungen „unteres Uterinsegment”, „Placenta praevia marginalis”, „partialis” und „totalis” brauchen nicht durch neue im Sinne Aschoff s ersetzt zu werden. Die sicher beobachtete „Placenta praevia cervicalis” nimmt eine Ausnahmestellung ein. 5. Als Therapie bei Placenta praevia sind folgende Maßnahmen zu empfehlen:
Bei mäßigen Schwangerschaftsblutungen: Bettruhe und strenge, möglichst klinische Beobachtung. Scheidentamponade ist tunlichst zu vermeiden und nur als Notbehelf zu betrachten für den Transport einer Blutenden in eine Anstalt.
In seltenen Fällen abundanter Blutung bei geschlossener Cervix: Feste Tamponade der ganzen Scheide mit steriler, feuchter Gaze nach den Vorschriften von Fritsch auf wenige Stunden.
Da bei stärkerer Blutung aber so gut wie immer die Cervix passierbar ist: Keine Tamponade, sondern Blasensprengung und Abwarten bei leicht erreichbarer Fruchtblase (Placenta praevia marginalis und partialis); bei nicht erreichbarer Fruchtblase, lebensfähigem Kinde und gutem Zustande der Mutter: Metreuryse mit dem Ballon von Champetier de Ribes. Nach völliger Erweiterung des Muttermundes durch den Metreurynter entweder Abwarten der spontanen Geburt oder Wendung je nach Kindeslage, Wehentätigkeit und etwaiger erneuter Blutung.
Bei Erfolglosigkeit der Metreuryse, die im allgemeinen nicht länger als vier Stunden belassen werden soll, ferner bei unreifen Kindern, sowie schließlich in allen Fällen, in denen es sich um bedrohliche Zustände der Mütter handelt: Wendung (nach Br. Hicks) und danach Abwarten. Bei Blutung trotz herabgeschlagenen Beines: Extension durch mäßigen, permanenten Zug, der bei Einsetzen der Wehen und Durchschneiden des Steißes sofort aufzuhören hat. Extraktion nur bei völlig erweitertem Muttermunde. Erscheint der Muttermund für die Kopfentwicklung doch noch zu eng: Vorsicht und Anwendung des Handgriffes, der dem Kind Luft zuführt und gleichzeitig den Muttermundssaum langsam dehnt und ihn über das Gesicht streifen soll.
Die Hysterotomia anterior kommt nur für die Klinik, in erster Linie als prophylaktische Operation in Frage.