Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0029-1185665
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Sofortversorgung und Sofortbelastung von Implantaten
Publication History
Publication Date:
25 May 2009 (online)
Einleitung
Die Voraussetzung zur Erfolgssicherung eines therapeutischen Implantatkonzepts liegt in der Entwicklung und Aktualisierung von standardisierten, auf den individuellen Patientenfall abgestimmten Behandlungsprotokollen. Eine langwierige Behandlungsdauer, der vorübergehende Verzicht auf einen gut passenden Zahnersatz sowie das Tragen von herausnehmbaren Interimsprothesen werden von Patienten heute nur bedingt akzeptiert und führen nicht selten zur generellen Ablehnung einer Implantattherapie. Der Fokus der modernen Implantologie liegt auf der Erarbeitung von Behandlungsprotokollen, bei denen implantatgetragene Suprakonstruktionen provisorisch oder permanent schnell und einfach eingegliedert werden können. Vorhersagbare Ergebnisse verbunden mit hohen Erfolgsraten in Publikationen und der Wunsch von Patienten und Zahnärzten, die Behandlungszeiten zu verkürzen, geben Anlass, die Erfolgskriterien in der implantatprothetischen Versorgung kritisch zu hinterfragen und die Möglichkeiten einer beschleunigten Therapie zu reflektieren.
Prozess der Osseointegration
Der Osseointegrationsprozess ist maßgeblich von dem Allgemeinzustand und eventuell vorhandenen Grunderkrankungen abhängig. Eine systematische individuelle Anamnese des Patienten vor Behandlungsbeginn ist damit zwingend erforderlich. Risikofaktoren und Hochrisikofaktoren für eine implantologische Behandlung können aus den Statements der ITI-Konsensus-Konferenz entnommen werden [[1]].
Primärstabilität. Die ursprünglich empfohlenen Einheilzeiten beziehen sich auf einen gesunden Patienten und erwiesen sich in der Vergangenheit als sichere Zeitspanne für eine ungestörte und zuverlässige knöcherne Integration. Direkt nach der Implantatinsertion liegt eine rein mechanische Stabilität – „Primärstabilität“ – vor, die maßgeblich durch 3 Faktoren beeinflusst wird:
-
die lokale Knochenqualität und ‐quantität des Patienten,
-
die passgenaue und schonende Implantatbett-Aufbereitung,
-
die Makrostruktur des Implantats.
Neue Behandlungsprotokolle
Die stetig steigenden Erfolgsquoten der Implantate, verbunden mit dem Bestreben nach kürzeren und vor allem einfacheren Behandlungsmethoden, führten zu verschiedenen Modifikationen des originalen Brånemark-Protokolls, welches die bislang gültigen Einheilzeiten bis zur Belastung vorgab. Besonders die Methode der Sofortbelastung von Implantaten rückt immer mehr in den Vordergrund.
Merke: Neuere Studien mit einem Beobachtungszeitraum von bis zu 7 Jahren dokumentieren gleichwertige Erfolgsraten für Protokolle mit verkürzter Einheilzeit von sofortversorgten bzw. sofortbelasteten Implantaten [13, 14].Die Konsensuskonferenzen der deutschen und europäischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften kommen ebenfalls überein, dass die Sofortfunktion und Sofortbelastung von Implantaten ein zunehmend vorhersagbares Behandlungskonzept darstellt [[15]].
Sofortversorgung versus Sofortbelastung Die sofortige Versorgung eines Implantats beinhaltet dabei nicht immer auch sogleich eine funktionelle Belastung. Es ist möglich, eine provisorische Versorgung des/der Implantate durchzuführen, die zunächst funktionell weitgehend unbelastet ist. In der zahnärztlichen Implantologie wird von Sofortbelastung gesprochen, wenn Implantate zum Zeitpunkt ihrer Insertion mit einer Suprakonstruktion versorgt werden und diese Okklusionskontakte mit den Antagonisten aufweist. Bei der Sofortversorgung wird ebenfalls eine Suprakonstruktion im direkten Anschluss an die Implantation eingebracht. Okklusionskontakte zur Gegenzahnreihe bestehen jedoch nicht. Eine Studie von Degidi und Piattelli [14] ergab im direkten Vergleich von sofortbelasteten und sofortversorgten Implantaten eine höhere Implantat-Überlebensrate der sofortversorgten Implantate. Merke: Sofortversorgung bedeutet nicht unbedingt Sofortbelastung! Definitionen Sofortversorgung: Eingliederung von Zahnersatz ohne Okklusionskontakt am Tag der Implantation oder bis spätestens 48 Stunden nach der Implantation („geschützte Okklusion“). Sofortbelastung: Eingliederung von Zahnersatz mit Okklusionskontakt am Tag der Implantation oder bis spätestens 48 Stunden nach der Implantation. Verzögerte Sofortbelastung: Belastung zwischen der 2. und 6. Woche nach Implantation (z. B. nach Wundheilung).Literatur
- 1 Buser D. et al . Basic surgical principles with ITI implants. Clin Oral Implants Res. 2000; 11 (Suppl. 1) 59-68
- 2 Raghavendra S, Wood M C, Taylor T D. Early wound healing around endosseous implants: a review of the literature. Int J Oral Maxillofac Implants. 2005; 20 425-431
- 3 Calandriello R, Tomatis M, Rangert B. Immediate functional loading of Branemark System implants with enhanced initial stability: a prospective 1- to 2-year clinical and radiographic study. Clin Implant Dent Relat Res. 2003; 5 (Suppl. 1) 10-20
- 4 Szmukler-Moncler S. et al . Timing of loading and effect of micromotion on bone-dental implant interface: review of experimental literature. J Biomed Mater Res. 1998; 43 192-203
- 5 Albrektsson T. et al . Osseointegrated titanium implants. Requirements for ensuring a long-lasting, direct bone-to-implant anchorage in man. Acta Orthop Scand. 1981; 52 155-170
- 6 Attard N J, Zarb G A. Long-term treatment outcomes in edentulous patients with implant overdentures: the Toronto study. Int J Prosthodont. 2004; 17 425-433
- 7 Henry P J. et al . Prospective multicenter study on immediate rehabilitation of edentulous lower jaws according to the Branemark Novum protocol. Clin Implant Dent Relat Res. 2003; 5 137-142
- 8 Rungcharassaeng K, Kan J Y. Management of unfavorable implant placement: a clinical report. J Prosthet Dent. 2000; 84 264-268
- 9 Abboud M. et al . Immediate loading of single-tooth implants in the posterior region. Int J Oral Maxillofac Implants. 2005; 20 61-68
- 10 Brunski J B. Biomechanical factors affecting the bone-dental implant interface. Clin Mater. 1992; 10 153-201
- 11 Szmukler-Moncler S. et al . Considerations preliminary to the application of early and immediate loading protocols in dental implantology. Clin Oral Implants Res. 2000; 11 12-25
- 12 Steveling H, Roos J, Rasmusson L. Maxillary implants loaded at 3 months after insertion: results with Astra Tech implants after up to 5 years. Clin Implant Dent Relat Res. 2001; 3 120-124
- 13 Degidi M, Piattelli A. Comparative analysis study of 702 dental implants subjected to immediate functional loading and immediate nonfunctional loading to traditional healing periods with a follow-up of up to 24 months. Int J Oral Maxillofac Implants. 2005; 20 99-107
- 14 Degidi M, Perrotti V, Piattelli A. Immediately loaded titanium implants with a porous anodized surface with at least 36 months of follow-up. Clin Implant Dent Relat Res. 2006; 8 169-177
- 15 European Conference on Oral Implantology ( ECOI). 3. Internationaler Jahreskongress DGOI, European Meeting ICOI. 5–7 Oktober 2006, Baden-Baden/The first EAO consensus conference. 16–19 February 2006, Pfäffikon, Schweiz. Clin Oral Implants Res. 2006; 17 (Suppl. 2 1)
Dr. Marcus Abboud
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität
Poliklinik für Chirurgische ZMK
Welschnonnenstraße 17
D-53111 Bonn
Phone: 02 28/28 72 24 07
Email: marcus.abboud@gmail.com