Zusammenfassung
Ich glaube, zu der Behauptung berechtigt zu sein, daß die Furcht vor der Anaphylaxie unbegründet ist, da uns zu ihrer Verhütung wirksame Maßnahmen zur Verfügung stehen, nämlich die Erzeugung des antianaphylaktischen Zustandes oder die Verwendung des Diphtherierinderserums. Ist z. B. anamnestisch festgestellt, oder liegt der Verdacht vor, daß bereits früher eine Seruminjektion stattgefunden hat, wird man zweckmäßig, falls es sich um eine therapeutische Maßnahme handelt, das Neufeld-Besredkader Friedberger - Mitasche Verfahren verwenden, um den Organismus in den Zustand der Antianaphylaxie zu versetzen. In diesem Zustand ist der sensibilisierte Organismus refraktär gegen jede therapeutisch notwendige Serummenge, gleichgültig, welche Applikationsweise gewählt wird. Handelt es sich dagegen um Erstinjektionen und insbesondere um prophylaktische Serumimpfungen, so empfiehlt sich die Anwendung des Diphtherierinderserums, um die Möglichkeit zu haben, späteren Infektionen mit dem hochwertigen Pferdeserum sofort energisch entgegentreten zu können. Es steht dem anderseits natürlich nichts im Wege, auch bei mit Pferdeserum sensibilisierten Patienten Diphtherierinderserum therapeutisch zu verwenden.
Alle Arbeiten, die sich mit dem Phänomen der Anaphylaxie befassen, müssen, falls sie Mittel zu deren Verhütung oder deren Bekämpfung angegeben haben, als Bestrebungen anerkannt werden, die Gegner der Serumanwendung ihrer letzten Waffe zu berauben und der Serumtherapie eine weitere erfolgreiche Ausbreitung zu verschaffen. All diese Bestrebungen wirken also durchaus im Sinne des genialen Entdeckers der Serumtherapie und werden dazu führen, seiner Lehre immer neue Bahnen, auch bei der Bekämpfung anderer Infektionskrankheiten, zu eröffnen.
