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DOI: 10.1055/s-0029-1201122
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Zur Pathogenese der Infektanämie
Publication History
Publication Date:
05 May 2009 (online)
Zusammenfassung
Nach den Ergebnissen aller neueren Arbeiten stehen wir demnach vor der Tatsache, daß es sich bei der reinen Infektanämie sowohl um eine Zellbildungs- wie auch um eine Hämoglobinbildungsstörung handelt. Aus diesen beiden Faktoren erklärt sich zwangslos die Feststellung des normochromen Charakters der Anämie. Es handelt sich gewissermaßen um vorübergehende, durch den Infekt verursachte und mit dem Abklingen des Infektes wieder verschwindende aregeneratorische bzw. aplastische Anämien, die man auch als toxische bezeichnen kann. Sicherlich bestehen bei der Ausprägung der Anämie Unterschiede bei den verschiedenen Infekterkrankungen. Im allgemeinen kann man aber sagen, daß die meisten fieberhaften Affektionen eine Infektanämie zur Folge haben, die um so mehr in Erscheinung tritt, je länger der Infekt andauert, je höher das Fieber, je stärker die Blutsenkung beschleunigt und je höher die Leukozytose ist; mit einem Wort, sie geht bis zu einem gewissen Grad parallel mit der Schwere der Erkrankung. Durch die toxische Beeinflussung des Knochenmarks wird die Regeneration vermindert, und da die Hämolyse unter Umständen sogar verstärkt weitergeht, muß notwendigerweise allmählich eine Anämie auftreten. Besonders interessant ist der zu beobachtende Phasen- bzw. Typenwechsel der Anämie, den man auch als Selbsthilfemaßnahme des Organismus zur Verhinderung einer zu starken Anämisierung auffassen kann. Die Hyposiderämie, die man lange Zeit für die Ursache der Anämie hielt, ist wohl mehr eine koordinierte Störung und dürfte für die Entstehung der Anämie kaum von Bedeutung sein. Jedenfalls kann durch eine Eisentherapie, sowohl peroral wie auch intravenös, die reine Infektanämie nicht beeinflußt werden, ebenfalls nicht die Hyposiderämie. Als therapeutische Maßnahmen kommen in erster Linie die Ausheilung des Infektes und bei stärkerem Anämiegrad die Bluttransfusion in Frage, die aber in den meisten Fällen vermieden werden kann.