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DOI: 10.1055/s-0029-1215330
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Pneumonien bei Immunsuppression
Pneumoniae in immunocompromised patientsPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
07. Dezember 2009 (online)
Zusammenfassung
Die Lunge ist aufgrund ihrer großen Oberfläche, der Wärme, der hohen Luftfeuchtigkeit und des hohen Sauerstoffangebots eine ideale Umgebung für die Vermehrung von Keimen. Die Aufgabe des Immunsystems ist es einerseits, ein Gleichgewicht zwischen Saprophyten und Immunabwehr herzustellen und beizubehalten, und zum anderen, pathogene Keime, sobald sie in den Körper einzudringen versuchen, zu schwächen und im Weiteren zu töten. Dies gelingt in der Regel sehr gut durch den Einsatz eines sehr komplexen Immunsystems. Es ist ein perfektes Zusammenspiel von unspezifischen, zellulären und humoralen Abwehrmechanismen mit sehr spezifischen Abwehrzellen und Antikörpern, die nur gegen einen bestimmten Erreger gerichtet sind. Die spezifische Abwehr verstärkt in sehr großem Ausmaß die Wirkung der unspezifischen, sodass es bei erneuter Konfrontation mit demselben Erreger häufig nicht mehr zur Infektion kommt, sondern der Erreger vorzeitig eliminiert wird.
Ein Immundefekt kann sowohl das spezifische als auch das unspezifische Abwehrsystem betreffen und hier jeweils auf zellulärer oder humoraler Ebene die Ursache haben. Je nach Immundefekt zeigt sich ein unterschiedliches Erregerspektrum. Immundefekte führen zu häufigeren Infektionen, die langsamer abheilen, oder schwerer mit mehr Komplikationen verlaufen. Es treten vermehrt seltene Erreger auf.
Im Einzelnen werden die radiologischen Merkmale der typischen und atypischen Pneumonien bei immunsupprimierten Patienten erörtert. Besonderer Schwerpunkt wird auf das Erscheinungsbild der bakteriellen Infektionen, Mykobakteriosen, PCP, CMV und Pilzpneumonien gelegt. Auch wenn es radiologisch nicht möglich ist, den Erreger sicher zu identifizieren, lässt sich häufig das Erregerspektrum deutlich eingrenzen und pulmonale Infektionen können gegenüber anderen pulmonalen Komplikationen wie dem pulmonalen Lymphom oder Kaposi-Sarkom abgegrenzt werden.
Abstract
Due to the large surface area, heat, high humidity and high oxygen supply in the lung makes an ideal environment for the propagation of germs. The purpose of the immune system is to establish and maintain the balance between saprophytes and immune defense so as to depress and ultimately kill germs as they infiltrate the body.
This usually is achieved by the use of a highly complex immune system. It is a perfect combination of non-specific, cellular and humoral immune mechanisms with very specific immune cells and antibodies, which are specialized on particular pathogens. The specific defenses potentiate the effect of the nonspecific defense in a large extent so as to prevent re-infection and ultimately eliminate recognized pathogens.
The causes of immune deficiency can be related to either the cellular or humoral level and affect both the specific and nonspecific defenses. There is a different excitation spectrum depending on the type of immune deficiency. Immune deficiency can prevalently cause complications in the course of infections, decelerate the healing and allow the occurrence of rare pathogens. In particular, the radiological characteristics of typical and atypical pneumonia in immunocompromised patients will be discussed. Particular emphasis is placed on the appearance of bacterial infections, mycobacterioses, PCP, CMV, and laid fungual pneumonia. Even it is not possible to identify certain pathogens radiologically, it is often possible to narrow the spectrum of germs causing pulmonary infections significantly by comparing with other pulmonary complications such as lymphoma or kaposisarcomas.
Key words
MSCT - pulmonary infections - immune deficiency - PCP - IPA
Kernaussagen
Allgemein
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Die Lunge ist aufgrund ihrer großen Oberfläche in besonderem Maße gegenüber Mikroorganismen exponiert. Die warme und feuchte Umgebung sind ideale Voraussetzungen für die Vermehrung von Keimen.
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Solange nicht eine übermäßige Erregeranzahl die Mukosabarriere überwindet, wird eine mikrobielle Invasion durch lokale und systemische Abwehrmechanismen erschwert und beim Gesunden die Entwicklung pulmonaler Infektionen i. d. R. verhindert.
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Beim immunkompromittierten Patienten kommen Pneumonien mit pathologischen Keimen des normalen Erregerspektrums deutlich häufiger vor, sie haben oft einen anderen Verlauf und eine schlechtere Prognose.
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Ein Verdacht auf einen Immundefekt muss gestellt werden, wenn jährlich mehr als 3 Infektionen vorkommen oder wenn Infektionen jeweils über 4 Wochen dauern.
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In Abhängigkeit des Immundefekts lassen sich bestimmte Erreger gehäuft nachweisen, z. B. bei T-Lymphozytenmangel (PcP, atypische Mykobakterien, Candida albicans sowie Mykobakterien).
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Trotz eines großen diagnostischen Spektrums bleibt der Erreger häufig unbekannt. Die CT hat nicht nur in der Detektion, sondern auch in der Erregerdifferenzierung einen festen Stellenwert.
Bakterielle Pneumonien
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Bakterielle Pneumonien mit normalem Erregerspektrum kommen beim immunkompromittierten Patienten vor. Häufig kann der Patient durch die Immunschwäche (meist Neutropenie) nicht das Bild einer Lobärpneumonie ausbilden, sodass lediglich ein „Tree-in-bud-Zeichen” oder milchglasartige Verdichtungen zur Darstellung kommen. Ist die Immunschwäche so ausgeprägt, dass die Erkrankung nicht lobär begrenzt werden kann, findet man häufig einen bilateralen Befall oder Komplikationen im Sinne eines Pleuraergusses, Pleuraempyems, Einschmelzungen oder septischen Streuungen.
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Tuberkulose: Nicht nur bei einer bestehenden Immunsuppression sondern auch bei einer immunsupprimierenden Therapie kann es zu einer Reaktivierung einer Tbc kommen. In der Regel findet diese Reaktivierung pulmonal statt, kann jedoch auch extrapulmonal auftreten.
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Atypische Mykobakteriosen: Insbesondere bei HIV-positiven Patienten kommt es zu einem disseminierten Befall mit atypischen Mykobakterien. Vom pulmonalen Erscheinungsbild sind die infiltrativen Veränderungen nicht von der Tbc zu unterscheiden. Diagnostisch wegweisend ist ein zusätzlich abdomineller Befall mit kleinen Herden in Milz und Leber, einer diffusen Dünndarmwandverdickung sowie einer mesenterialen Lymphadenopathie, die häufig zentral einschmilzt.
Atypische Pneumonien
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Für die atypische Pneumonie können viele Erreger verantwortlich sein – von Bakterien über Pilzen und Viren bis hin zu Parasiten.
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Mykoplasmen-Pneumonien kommen endemisch in Spätsommer und Herbst vor und führen zu einem interstitiellen Bild, häufig kombiniert mit Lymphknotenvergrößerungen. Als Komplikation können Autoimmunreaktionen mit Gerinnungsstörungen oder neurologische Symptome auftreten.
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Virus-Pneumonien zeigen das typische Bild einer interstitiellen Pneumonie mit beidseitigem Befall. Komplizierend treten aber häufig alveoläre Verdichtungen auf, die eine unterschiedliche Genese haben können. Im Einzelnen müssen bakterielle Superinfektionen, lokale alveoläre Einblutungen und BOOP-ähnliche Begleitreaktionen differenziert werden.
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Legionellen-Pneumonien zeigen meist lokalisierte, homogene Verdichtungen mit raumfordernden Charakter. Häufig sind sie mit abdominellen und neurologischen Beschwerden gepaart.
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Chlamydien-Pneumonien haben eine sehr gute Prognose, neigen jedoch zu Chronifizierung mit unterschiedlichen klinischen Erscheinungsbildern. Typisch sind postinfektiöse Arthritiden und Sehnenentzündungen, chronische Schwächezustände und fraglich Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
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Aspergillus-Infektionen: Prinzipiell sind das Aspergillom, die allergisch-bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) und die invasive pulmonale Aspergillose (IPA) möglich. Von klinischer Relevanz ist die IPA, insbesondere bei knochenmarktransplantierten Patienten und im Endstadium der HIV-Infektion. IPA-typisch ist eine peribronchiale Infiltration, die sich zu einer Infarktpneumonie mit resultierender Einschmelzung entwickelt, und der „Halo”, der einer perifokalen Blutung entspricht.
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Mukormykosen sind im ausgeprägten Stadium oft nicht von der IPA zu differenzieren. Als Frühzeichen kommt jedoch das sehr charakteristische „Vogel-Nest-Zeichen” zur Darstellung.
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Pneumocystis-carinii-Pneumonien (PcP) kommen insbesondere bei HIV-positiven Patienten mit Helferzellzahlen < 200/µl vor. Sie wird bevorzugt bei Patienten mit unbekanntem HIV-Status und geringen Helferzellzahlen oder nach unregelmäßig eingenommener Prophylaxe angetroffen. Vom radiologischen Aspekt überwiegt die milchglasartige Verdichtung mit ausgesparten Segmenten, teils kombiniert mit zystischen Einschmelzungen, homogenen Verdichtungen und einer interstitiellen Betonung.
Andere pulmonale Komplikationen bei Immunsuppression
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Die o. g. infektiösen Komplikationen immunsupprimierter Patienten müssen im Einzelnen von einem primären pulmonalen NHL, einem pulmonalen Kaposi-Sarkom und den unterschiedlichen Erscheinungsbildern der pulmonalen Überwässerung abgegrenzt werden.
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Prof. Dr. Volkmar Jacobi
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität
Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
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