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DOI: 10.1055/s-0029-1215942
Knochenstress im proximalen Röhrbein
Ein Einblick in eine Differentialdiagnose zu FesselträgerursprungserkrankungenBone stress in the proximal os metacarpale tertiumPublication History
Publication Date:
31 March 2009 (online)
Insertionsdesmopathie des M. interosseus medius
Der M. interosseus medius dient als Hauptbestandteil des Fesselträgers der passiven Stehvorrichtung des Pferdes. Seine Erkrankungen im Ursprungsbereich haben eine gewichtige Bedeutung in der Pferdeorthopädie. Sie spielen in allen Sportpferdepopulationen eine große Rolle und stellen dort Tierärzte häufig vor sich wiederholende Probleme. Ursprungsdesmopathien des M. interosseus medius sind im Dressur- und Springsport, wie auch beim Vollblüter und Westernpferd für Leistungseinbrüche verantwortlich, lassen sich relativ schwierig diagnostizieren und weisen eine hohe Anfälligkeit für Rezidive auf. Diese Umstände bedingen, dass diese Erkrankung in den letzten Jahren zunehmend Beachtung fand. Der Anstieg an publizierten Fallzahlen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vorträgen rund um Fesselträgerursprungserkrankungen, ließ sogar Stimmen laut werden, dass es sich um eine Art „Modeerkrankung” in der Sportpferdemedizin handelt. Unterstützt wurde dieser Vorwurf dadurch, dass sich klinische Abläufe sowohl an der Schulter- wie auch Beckengliedmaße auffällig unspezifisch darstellen:
Erkrankungen an der Vorder- und Hinterhand können einseitig aber auch beidseitig auftreten. Bilaterale Probleme werden allerdings vornehmlich bei chronischen Krankheitsgeschehen beobachtet. Während im Zusammenhang mit Erkrankungen des Fesselträgerursprungs (FTU) an der Schultergliedmaße eine vermehrte Lahmheit auf dem Außenzirkel beschrieben wird, gibt er keine entsprechenden Charakteristika sobald die Hinterhand betroffen ist. Auch der Lahmheitsgrad variiert von „gering- bis mittelgradig” oder „hochgradig” bei großflächigen Läsionen. Im Bereich der proximalen Sehne können Wärme und Schwellungen erkennbar oder ein Palpationsschmerz auslösbar sein, müssen es aber nicht. Genauso unspezifisch werden die Ergebnisse von Beugeproben beschrieben. Bei FT-Erkrankungen der Beckengliedmaße kann auch die Beugeprobe der kontralateralen Gliedmaße eine positive Antwort provozieren. Häufig stellen sich die Probleme so unscheinbar dar, dass lediglich anhaltende Leistungsminderungen auffällig werden. Die diagnostischen Schwierigkeiten setzen sich bei den Leitungsanästhesien fort. Es besteht sowohl die Möglichkeit, dass ein tiefe 4-Punkt Anästhesien bis in den Ursprungsbereich diffundiert oder eine FTU-Anästhesie die Tarsometatarsal- oder distale Karpalgelenkreihe anästhesiert, wie auch das eine HPA falsch negativ ausfällt, da weit proximal gelegene Regionen nicht erreicht werden. Zu guter Letzt bringen auch die konventionellen bildgebenden Diagnoseverfahren nicht immer eindeutige Ergebnisse. Neben der bekannten Gefahr von falsch positiven Befunden bei der Sonographie, können akute Fesselträgerursprungsprobleme auch ohne oder nur mit unscheinbaren Ultraschallergebnissen einhergehen. Röntgenologisch sind maximal in einigen chronischen Fällen subkortikale Sklerosen zu erwarten, welche aber jeweils von kortikalen Stressfrakturen abgegrenzt werden müssen. Die Knochenszintigraphie wird ebenfalls als unzuverlässig für die Diagnostik von FTU-Erkrankungen beschrieben. Die Übereinstimmung mit klinisch diagnostizierten Problemen dieses Bereiches lag bei weniger als 50 %. Moderne Schnittbildverfahren wie CT und MRT limitieren ihren Nutzen durch den damit verbundenen großen Aufwand, eine notwendige Vollnarkose und/oder hohe Kosten. MRT-Untersuchungen am stehenden Pferd leiden besonders bei Untersuchungen der Beckengliedmaße an einer erhöhten Artefaktgefahr aufgrund von Patientenbewegungen.
Die diagnostischen Probleme im Ursprungesbereich des M. interosseus medius sind deutlich ersichtlich, so dass der Beachtung möglicher Differentialdiagnosen eine besondere Bedeutung zukommt. Entsprechend den anatomischen Gegebenheiten sind diverse Schmerzursachen differentialdia gnostisch in Betracht zu ziehen. So können palmare Metakarpal bzw. plantare Metatarsalschmerzen durch eine Desmitis des Unterstüzungsbandes der tiefen Beugesehne, Läsionen in der oberflächlichen (OBS) oder tiefen Beugesehne (TBS), Arthritiden der Karpometakarpal- bzw. Tarsometatarsalgelenke, Avulsionsfrakturen der dritten Metakarpal-/Metatarsalknochen im Fesselträgerursprung, Ermüdungsfrakturen der palmaren/plantaren Röhrbeinkortikalis oder durch Weichteilprobleme der an grenzenden Strukturen verursacht werden. Dabei haben besonders chronische Entzündungen der den M. interosseus medius umgebenden Faszie und Verklebungen an den Griffelbeinen eine besondere Bedeutung. Im vorliegenden Artikel soll eine weitere Differentialdiagnose vorgestellt werden.
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