Zeitschrift für Palliativmedizin 2010; 11(3): 123-129
DOI: 10.1055/s-0029-1223530
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ältere Menschen am Lebensende – Versorgungssituation und Verbesserungsbedarf aus Perspektive von Hinterbliebenen

Older People at the End of Life: Delivery of Care and Needs for Improvement from the Perspective of Bereaved RelativesM.  Schumacher1 , N.  Schneider1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Arbeitsgruppe Versorgung im letzten Lebensabschnitt
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. Mai 2010 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Aufgrund der demografischen Entwicklung mit steigenden Anteilen älterer, chronisch kranker und multimorbider Menschen erlangt geriatrisch orientierte Palliativversorgung weiter an Bedeutung. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die Sichtweisen von Hinterbliebenen verstorbener älterer Menschen zu explorieren, vor allem in Hinblick auf folgende Fragen: Welche Erfahrungen wurden in den letzten Phasen vor dem Tod eines Angehörigen gemacht? Welche Erwartungen werden an die Versorgung im Alter gerichtet, fokussiert auf Situationen am Lebensende? Material und Methoden In einem qualitativen Design wurden 12 teilstrukturierte Interviews mit Hinterbliebenen durchgeführt. Bei den verstorbenen Patienten handelte es sich um mindestens 60 Jahre alte Angehörige unterschiedlicher Verwandtschaftsgrade. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert, codiert und inhaltsanalytisch (nach Mayring) ausgewertet. Ergebnisse Die Hinterbliebenen haben die Versorgung ihrer älteren Angehörigen in der letzten Lebensphase in mehrerer Hinsicht als inadäquat empfunden. Kritisiert wird ein Nebeneinander von Überversorgung (z. B. Hautkrebsdiagnostik bei absehbar kurzer verbleibender Lebenserwartung) und Unterversorgung (z. B. Gabe von Schmerzmitteln, zuwendungsorientierter Pflege, Gespräche). Primäre Bezugsperson im professionellen Gesundheitssystem ist der Hausarzt. Diskussion / Schlussfolgerungen Aus Sicht der Angehörigen bestehen relevante Defizite bei der Versorgung älterer Menschen in der letzten Lebensphase. Kritisiert werden vor allem eine unangemessene Prioritätensetzung durch Ärzte und Pflegekräfte mit Vernachlässigung palliativer, begleitender Maßnahmen. Erforderlich ist eine bessere Kommunikation aller Beteiligten über die Bedürfnisse und Erwartungen der Betroffenen sowie die Ziele von therapeutischen Maßnahmen. Helfen könnte dabei die verstärkte Nutzung von Patientenverfügungen. Empfehlenswert sind darüber hinaus Maßnahmen zur Stärkung der allgemeinen Palliativversorgung v. a. durch Hausärzte und Pflegekräfte.

Abstract

Background Due to demographic changes with an increasing number of older people with chronic illness and multimorbidity palliative care for geriatric patients has become increasingly important. The aim of this study was to explore the perspective of bereaved relatives with regard to their experiences and expectations concerning the delivery of care for older people in the last phase of life. Methods Qualitative interviews with 12 relatives of deceased older patients (aged 60 years or older). The interviews were recorded, transcribed, coded and analysed using the approach of qualitative content analysis according to Mayring. Results The bereaved relatives perceived that the care for geriatric patients in the last phase of life was inappropriate in various respects. They criticised overtreatment (e.g. skin cancer diagnostic) as well as unmet needs (e.g. treatment of pain, patient centred care, communication). Family doctors were seen as the primary contact persons in the professional health system. Conclusions From the perspective of bereaved relatives care for older people in the last phase of life has serious deficits. They criticise an inappropriate priority setting and the disregard of palliative care. There is a need for better communication and information exchange regarding the needs and expectations of patients and relatives, and regarding the targets of treatment. Therefore it may be helpful to use advance directives more intensively. Furthermore, it seems to be necessary to strengthen generalist palliative care particularly delivered by family doctors and community nurses.

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Priv.-Doz. Dr. med. Nils Schneider, MPH

Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Arbeitsgruppe Versorgung im letzten Lebensabschnitt

Carl-Neuberg-Straße 1

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