Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - P15
DOI: 10.1055/s-0029-1225090

Postpartales Staphylococcus aureus induziertes Toxic Shock Syndrom (STSS)

S Gramm 1, M Hiden 3, J Kraschl 1, S Szalay 2, U Lang 1, M Mörtl 1, 2
  • 1Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Medizinische Universität Graz
  • 2Gesundheitszentrum für Kinder, Jugendliche und Frauen/Perinatalzentrum Akademisches Lehrkrankenhaus Klagenfurt
  • 3Institut für Pathologie, Akademisches Lehrkrankenhaus -Landeskrankenhaus Klagenfurt

Einleitung: Die Trias: Fieber, Hypotonie und Exanthem mit nachfolgendem Multiorganversagen wurde 1978 als Toxic Shock Syndrome (TSS) von Todd erstbeschrieben. Als Auslöser wird das Exotoxin TSST1 (Toxic-Shock-Syndrom Toxin 1) identifiziert, welches von ca. 1% der Staphylococcus aureus Stämme produziert werden kann. In 80–90% der Fälle waren die Betroffenen Frauen in Verbindung mit unsachgemäßer Tamponanwendung in der Mensis. Das Auftreten eines TSS im Puerperium ist so selten, dass nur die richtige Deutung der charakteristischen Symptome eine Therapieverzögerung und damit einen letalen Ausgang (3–6%) verhindert.

Fallbeschreibung: 36-jährige Frau, GII/PII, 4. Tag p.p. nach Spontangeburt Wärmebehandlung in Infrarotkabine wegen Rückenschmerzen (anamnestisch alt) 7. Tag p.p.: Fieber und Sistieren der Milchproduktion. Eigenbehandlung mit Tee – Zufuhrvolumen von 7 Liter/24h. 10. Tag p.p.: Vorstellung an der gynäkologischen Ambulanz mit Fieber (39,4°C), Hypotension (HF124/min, RR 84/42), Anurie und spezifischen Hauterscheinungen: generalisiertes diffuses feinfleckiges, scarlatiniformes Exanthem, ausgeprägt an Palmar- und Plantarflächen, sowie ödematöses Gesichtserythem mit perioraler Blässe und Konjunktivitis. Gyn. Untersuchung: hellrot verfärbte ödematöse Vulva und Vagina, sonst keine Pathologie. Der Uterus ist palpatorisch wie vaginalsonographisch unauffällig. Labor: Na+ 122 mmol/L Die Patientin erscheint leicht verwirrt und gut gelaunt. (DD: Toxische Enzephalopathie, Hyponatriämie) Sofortiger Transfer der subjektiv beschwerdefreien Frau an die Intensivbehandlungseinheit. Trotz hochdosierter Antibiose mit Piperacillin, Tazobactam, Fosfomycin und Clindamycin, Flüssigkeitssubstitution und Kreislaufunterstützung mit Vasopressoren ist die Stabilisierung der Frau nicht möglich. Indikation zur Hysterektomie bei makroskopisch unauffälligem Uterus mit der Diagnose STSS. Postoperativ rasche Erholung und Entlassung aus der ICU am 2. postoperativen Tag. Histopathologischer Befund am 4. postoperativen Tag: ausgedehnte hämorrhagisch nekrotisierende, teils eitrig phlegmonöse Endometritis und Myometritis mit nekrotisierenden Schleimhautveränderungen. Hygienebefund am 5. Tag pop.: Staphylococcus aureus in allen Abstrichen.

Schlussfolgerung: Das Toxic Shock Syndrom (TSS) im Puerperium stellt durch seine niedrige Inzidenz gepaart mit der hohen Mortalität eine besondere Herausforderung an den Kliniker dar. Nur durch das rasche Erkennen der charakteristischen Symptome kann durch die sofortige Einleitung der Intensivbehandlung und bei therapierefraktärer Sepsis durch die Indikation zur Hysterektomie ein zufriedenstellendes Outcome erzielt werden. Die Wertung der Bedeutung einer Infrarotbehandlung im Puerperium als Triggermechanismus eines STSS ist unklar.