Der Klinikarzt 2009; 38(6): 271
DOI: 10.1055/s-0029-1233432
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Karotisstenose und Schlaganfall

Harald Mudra
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Publication Date:
26 June 2009 (online)

Nach dem WHO–Weltgesundheitsbericht von 2008 sind Schlaganfälle für ca. 30  % der kardiovaskulären Mortalität, der weltweit nach wie vor führenden Todesursache, verantwortlich. Schlaganfallbedingte Behinderungen stellen darüber hinaus ein großes psychosoziales aber auch ökonomisches Problem dar. Extrakranielle Stenosierungen der Arteria carotis sind in etwa einem Drittel ursächlich beteiligt. Neben der modernen Polypharmakotherapie stellen die chirurgische Endarterektomie und seit einigen Jahren die Stentimplantation Möglichkeiten dar, diese Bedrohung prophylaktisch zu behandeln.

Ziel dieser Ausgabe des klinikarzt ist es, von ausgewiesenen Autoren einen Überblick über dieses Thema kompakt und umfassend präsentiert zu bekommen.

T. Reiff, P. A. Ringleb und W. Hacke behandeln epidemiologische und pathologische Aspekte der asymptomatischen bzw. symptomatischen Karotisstenose aus neurologischer Sicht. Sie weisen auf das pathophysiologische Konzept der instabilen Plaque bei symptomatischer Karotisstenose und damit auf die Ähnlichkeit zum akuten Koronarsyndrom hin, mit – daraus resultierend – vergleichbaren therapeutischen Algorithmen.

K. Mathias referiert über die bildgebende Diagnostik zur Graduierung der extrakraniellen Karotisstenose und berichtet aus seiner umfangreichen Erfahrung als interventioneller Radiologe mit diesen Methoden auch nach erfolgter Stentimplantation. Hier erscheinen besonders die im Vergleich zur nativen Stenose im Doppler–Ultraschall häufig höheren Blutflussgeschwindigkeiten nach Stentimplantation bedeutsam, um nicht fälschlich Restenosen zu beschreiben.

M. Hornung, S. Bertog, J. Franke, N. Wunderlich und H. Sievert geben einen aktuellen Überblick über den Stand klinischer Studien nach operativer bzw. katheterinterventioneller Therapie der Karotisstenose und zeigen, dass bei symptomatischer Karotisstenose bereits heute eine Gleichwertigkeit mit der chirurgischen Therapie vorliegt, während bei Patienten mit asymptomatischer Stenose die Datenlage noch unzureichend ist. Für beide Behandlungsmethoden sind allerdings – in Anbetracht vom Untersucher abhängiger Ergebnisunterschiede – zentrumsspezifische Komplikationszahlen mit vollständiger neurologischer Nachuntersuchung zu fordern.

R. Hein und Kollegen aus unserer Klinik berichten über 600 konsekutiv mittels Stentimplantation behandelte und nahezu komplett neurologisch nachuntersuchte Patienten, wobei auch in randomisierten Studien nicht inkludierte Hoch–Risiko–Konstellationen behandelt wurden und ein Langzeit–Follow–up präsentiert wird.

Abschließend gehen A. Schmidt und D. Scheinert auf ein klinisch sehr wichtiges Problem ein, nämlich die Behandlung von Patienten mit hochgradiger Karotisstenose und gegebener Indikation zur offenen Herzoperation. Die zeitliche Abfolge der Karotisintervention erfolgt unter Berücksichtigung der Akuität der kardialen bzw. neurologischen Symptomatik der Patienten.

Wir hoffen, dass dieses Heft im klinischen Alltag gerade auch Kolleginnen und Kollegen, die nicht selbst operativ oder interventionell tätig sind, bei der Indikationsstellung für oder gegen eine operative bzw. katheterinterventionelle Therapie von Nutzen sein kann.

Prof. Dr. med. Harald Mudra

München

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