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DOI: 10.1055/s-0029-1239127
Sozialepidemiologie meets Sozialstrukturanalyse – Herausforderungen und Perspektiven
Soziologische Theorien zur Beschreibung und Erklärung sozialer Ungleichheit stellen das Rückgrat sozialepidemiologischer Ungleichheitsforschung dar. Während in der soziologischen Sozialstrukturanalyse seit Beginn der 1980er Jahre eine Kontroverse zwischen den klassischen vertikal-strukturierenden Klassen- bzw. Schichtmodellen und neueren Milieu- und Lebensstilmodellen eingesetzt hat, ist dies innerhalb der Medizin-Soziologie und Sozialepidemiologie weitgehend ausgeblieben. Angesichts fortwährender Befunde über das Bestehen eines ausgeprägten Sozialgradienten in den Gesundheitschancen erweist sich hier die Fokussierung auf schichtspezifische Unterschiede nach wie vor als angemessen. Gleichzeitig wird jedoch zunehmend gefordert, dass weiterführende Ungleichheitsdimensionen einbezogen werden müssen, um ein feingliedrigeres Bild der sozial ungleich verteilten Gesundheitschancen zu erhalten. Insbesondere für die Zielsetzung der Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit scheint eine kleinräumigere Perspektive erforderlich, um lebensweltnahe und zielgruppenspezifische Interventionsmaßnahmen ableiten zu können. Inzwischen liegen mit dem ‘Milieu’-, ‘Lebensstil-’ sowie ‘Lebenslagen’-Ansatz neuere sozialstrukturelle Konzepte vor, die der Mehrdimensionalität sozialer Ungleichheit und einer stärkeren Subjektorientierung in den Erklärungsansätzen Rechnung tragen.
In dem einführenden Beitrag zum Workshop Theorien in der Medizin-Soziologie: ‘Sozialepiemiologie meets Sozialstrukturanalyse’ wird der aktuelle Diskussionsstand über die Angemessenheit von vertikalen Sozialstrukturmodellen aufgearbeitet und ein Überblick über konzeptionelle Weiterentwicklungen gegeben. Der Workshop hat zum Ziel, diese neueren Ansätze eingehender zu betrachten und ihre Einsatzmöglichkeiten im Rahmen sozialepidemiologischer Forschung zu diskutieren. Im Mittelpunkt stehen Fragen zur konzeptionellen Ausgestaltung dieser Konzepte, zur Anschlussfähigkeit an die klassischen Schichtansätze sowie zu geeigneten statistischen Methoden für die empirische Umsetzung. Angestrebt wird, die bislang vornehmlich in der sozialwissenschaftlichen Sozialstrukturanalyse zur Anwendung kommenden konzeptionellen Weiterentwicklungen in stärkerem Maße für die sozialepidemiologische Forschung fruchtbar zu machen. Damit einhergehend soll zu einer stärkeren Verknüpfung von Theorien der Sozialstrukturanalyse und Theorien gesundheitlicher Ungleichheit angeregt werden.