Gesundheitswesen 2009; 71 - A251
DOI: 10.1055/s-0029-1239301

Gesundheits- und Entwicklungsförderung durch Hausbesuche für erstgebärende Frauen in schwierigen Lebenslagen – Erste Ergebnisse aus der Evaluationsforschung des Modellprojektes „Pro Kind“

Y Ziert 1, V Kurtz 1, T Jungmann 1
  • 1Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Hannover

Hintergrund: Das seit 2006 in drei deutschen Bundesländern umgesetzte Modellprojekt „Pro Kind“ ist ein Hausbesuchsprogramm für erstgebärende, finanziell und sozial stark belastete Frauen, dessen Grundlage das evidenzbasierte „Nurse Family Partnership“-Programm aus den USA bildet (Olds, 2006). Die bereits während der Schwangerschaft beginnende Begleitung durch speziell ausgebildete Hebammen und Sozialpädagoginnen zielt insbesondere auf die Verbesserung der mütterlichen Gesundheit während der Schwangerschaft und die Förderung der kindlichen Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren ab. Im vorliegenden Beitrag werden erste Ergebnisse aus der Evaluationsforschung präsentiert und diskutiert.

Material und Methode: Im Rahmen der Evaluationsforschung mit randomisiertem Kontrollgruppendesign finden zu zwei Zeitpunkten während sowie drei Zeitpunkten nach der Schwangerschaft standardisierte Interviews mit den Teilnehmerinnen statt. Der kindliche Entwicklungsstand wird u.a. mithilfe der Bayley Scales of Infant Development (BSID)-II im Alter von 6, 12 und 24 Monaten erfasst.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass die Zielgruppe der belasteten Frauen erreicht wird (im Schnitt 4 Risikofaktoren; N=493). Auf der Ebene der Teilnehmerinnen lassen sich derzeit noch keine signifikanten Programmeffekte in der Schwangerschaftsphase nachweisen: Teilnehmerinnen beider Untersuchungsgruppen reduzierten signifikant ihren Nikotinkonsum und ernährten sich gesünder. Auf der Ebene der kindlichen Entwicklung deuten sich hingegen positive Programmeffekte an. So zeigen erste Analysen der vorliegenden BSID-II-Ergebnisse im Kindesalter von 6 und 12 Monaten einen signifikant positiveren Verlauf der kognitiven Entwicklung der Kinder in der Treatmentgruppe (n=17 vs. n=25 Kontrollgruppenkinder).

Diskussion: Es stellt sich die Frage, warum – selbst bei hoch risikobelasteten Teilnehmerinnen – keine Programmeffekte auf das Gesundheitsverhalten während der Schwangerschaft nachweisbar sind. Allerdings scheint sich das Programm längerfristig positiv auf die kindliche Entwicklung auszuwirken. Insgesamt sind diese Befunde als vorläufig zu betrachten, da die Datenerhebung noch nicht abgeschlossen ist und die Stichproben daher noch sehr klein sind. Weitere Auswertungen werden zeigen, ob sich diese ersten Tendenzen bestätigen lassen und welche Wirkfaktoren eine Rolle spielen.