Notfallmedizin up2date 2010; 5(1): 77-91
DOI: 10.1055/s-0029-1240844
Rettungsdienst

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Todesfeststellung und Leichenschau

Reinhard Dettmeyer, Marcel A. Verhoff
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Publikationsdatum:
10. März 2010 (online)

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Kernaussagen

  • In der Mehrzahl der Bundesländer ist mittlerweile gesetzlich geregelt, dass Notärztinnen und Notärzte im Einsatz sich ggf. auf die Feststellung des Todes beschränken können. Sie müssen dann jedoch eine vorläufige Todesbescheinigung bzw. einen vorläufigen Leichenschauschein ausstellen mit einer Reihe von Angaben (Name, Adresse, Geschlecht, Art der Identifikation, sichere Zeichen des Todes, Sterbe- bzw. Auffindeort, Hinweis zur Todesart).

  • Bei Anhaltspunkten für einen nicht natürlichen Tod bzw. bei ungeklärter Todesart sind auch Notärzte zur unverzüglichen bzw. sofortigen Meldung an die Polizei verpflichtet, ebenso wenn der Leichnam einer unbekannten Person vorliegt.

  • Ist dies vertretbar, so dürfen jedoch auch Notärztinnen und Notärzte die reguläre Leichenschau entsprechend den Anforderungen der Bestattungsgesetze der Bundesländer vornehmen: geeigneter Leichenschauort, gute Lichtverhältnisse, sorgfältige Untersuchung des entkleideten Leichnams mit Inspektion aller Körperöffnungen, Angaben zur Todesursache und zur Todesart, Epikrise, Anmerkungen, Beachtung von Meldepflichten.

  • Die Unterschreitung der geforderten Sorgfalt bei der ärztlichen Leichenschau – sei es aus Bequemlichkeit oder aus vermeintlich gebotener Rücksichtnahme auf Angehörige – birgt einerseits Gefahren für die Aufdeckung von nicht-natürlichen Todesfällen (einschließlich Tötungsdelikten) und kann andererseits unter Umständen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

  • Notärztinnen und Notärzte müssen gerade bei nicht-natürlichen Todesfällen oder ungeklärter Todesart damit rechnen, auch einmal als sachverständige Zeugen vor Gericht aussagen zu müssen, insbesondere zu Befunden am Leichnam und zur Auffindesituation, oder zur Gesamtsituation einschließlich weiterer Auffälligkeiten wie ein ungewöhnliches Verhalten sonstiger Beteiligter bzw. anwesender Personen. Bei Tötungsdelikten empfiehlt sich daher eine eigene zeitnahe schriftliche Dokumentation der wesentlichen Befunde, auf die dann anlässlich der später stattfindenden Befragung durch die Polizei und anlässlich der teilweise erst Monate später stattfindenden Hauptverhandlung vor Gericht zurückgegriffen werden kann.

Literatur

Prof. Dr. Dr. R. Dettmeyer
Prof. Dr. M. A. Verhoff

Institut für Rechtsmedizin
Justus-Liebig-Universität Gießen

Frankfurter Str. 58

35392 Gießen

eMail: Reinhard.Dettmeyer@forens.med.uni-giessen.de

eMail: Marcel.A.Verhoff@forens.med.uni-giessen.de