Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213(6): 219
DOI: 10.1055/s-0029-1241885
Nachruf

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prof. Dr. Emile Papiernik

NachrufObituaryW. Künzel1
  • 1Klinikum Gießen und Marburg
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
22. Januar 2010 (online)

Am Samstag, den 9. August 2009, starb nach langer Krankheit der weit über die französischen Landesgrenzen hinaus bekannte Geburtshelfer und Gynäkologe Emile Papiernik im Alter von 73 Jahren in Sceaux (Hauts-de-Seine). Er war ein Pionier in der Erforschung der Ursachen der Frühgeburt und ihrer Vermeidung und hat mit seinen Arbeiten die Behandlung der Erkrankung, die heute in verschiedenen Ländern immer noch 8–12% beträgt, mit der Analyse der Ursachen in neue Bahnen gelenkt.

Emile Papiernik wurde am 14. Februar 1936 in Paris geboren. Er hat seine Ausbildung zum Gynaekologen und Geburtshelfer in Paris erhalten. Sein Lehrer Prof. J. Varengot, Direktor von Port- Royal, Paris, hat ihn maßgeblich beeinflusst. Er war der erste, der in Frankreich das synthetische Oxytocin einführte und systematische Analysen der perinatalen Mortalität betrieb. Emile Papiernik arbeitete mit ihm von 1966 bis 1972, bevor er 1973 Direktor der Gynäkologie und Geburtshilflichen Abteilung in Clamart, Universität Paris 11 und von 1990 bis 2002 der Universität Paris 5 wurde. In dieser Begegnung mögen die ersten Grundlagen für seine späteren Arbeiten gelegt worden sein. In seiner Antwort auf die Frage „Welche Entwicklungen in Geburtshilfe und Gynäkologie sehen Sie voraus?” sagte Emile Papiernik in einem Beitrag des EJOGRB „Specialists Life”: „Ein verbesserter sozialer Schutz und finanzielle Sicherung für jene Frauen in der Welt, welche keinen Zugang zu medizinischer Hilfe haben und die dem Tod während der Entbindung hilflos ausgeliefert sind”. 1969 führte er zur Prävention von Frühgeburten ein systematisches Screening aller Schwangeren ein in Verbindung mit dem Rat durch Ärzte und Hebammen, die tägliche Arbeitsbelastung und den Lebensstil zu verändern. Auf diese Leistung und Publikation war er sehr stolz. Die französische Regierung entschied 1970 landesweite geburtshilfliche Maßnahme einzuführen, mit dem Ziel, die perinatologischen Ergebnisse zu verbessern. Er war der medizinische Berater der Regierung. Diese neue Gesundheitspolitik wurde durch die Forschungseinheit 149 des Französischen Instituts für Gesundheit (INSERM) zur Epidemiologie der Gesundheit von Frauen und Kindern zum Zeitpunkt der Geburtevaluiert. Die Bewertung der Ergebnisse belegte eine deutliche Abnahme der Frühgeburtlichkeit von 8,6% auf 5,4% in der Zeit von 1972 bis 1988. Diese Abnahme wurde nicht beobachtet, wenn besondere Risikofaktoren vorlagen. Diese Arbeiten, bekannt als „Haguenau Studie”, führten zu internationalen Anerkennungen durch das Royal College of Obstetricians and Gynaecologist, das American College of Obstetricians and Gynaecologists und zur Ehrenmitgliedschaft der Amerikanischen Gesellschaft für Materno-Fetale Medizin.

Emile Papiernik war von 1979 bis 1991 Direktor des Französischen Forschungsinstituts für Gesundheit, Sektion Physiologie der Fortpflanzung beim Menschen. In diesem Bereich galt seine Arbeit der Mehrlingsschwangerschaft, der In-vitro-Fertilisation und der Reduktion der perinatalen und neonatalen Sterblichkeit. Auch nach seiner Emeritierung galt sein Interesse Europäischen Forschungsprojekten (EUROPOP). In seinen letzten Jahren war sein ganzes Interesse auf die Gesundheit von Frühgeborenen (MOSAIC) gerichtet.

Wir haben mit ihm nicht nur einen großartigen Geburtshelfer und Forscher verloren, der weit über die Landesgrenzen hinaus die Geburtshilfe in Europa geprägt hat, sondern wir werden in Zukunft auch einen Freund vermissen.

Wolfgang Künzel, Giessen,

Stephan Schmidt , Marburg

Rolf Maier, Marburg

Ludwig Gortner, Homburg

Björn Misselwitz, Eschborn

MOSAIC Group Deutschland

Korrespondenzadresse

Prof. em. Dr. Wolfgang KünzelFRCOG, FEBCOG 

Dept. OB/GYN

University Giessen

Klinikstraße 28

35385 Giessen

Germany

eMail: wolfgang@kuenzel-giessen.de