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DOI: 10.1055/s-0029-1242557
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
Kann man mit dem Synthesis „nach Bönninghausen” repertorisieren?
Serie: Das Repertorium verstehenPublication History
Publication Date:
04 February 2010 (online)
Analytische und synthetische Repertorisation
Diese Frage hat Anton Rohrer bereits in seinem Beitrag zur Repertoriumsserie in der AHZ 5/2009 prinzipiell bejaht. Er beschreibt den Unterschied zwischen der analytischen und der synthetischen Methode der Repertorisation:
Analytische Repertorisation: Zergliederung eines Symptoms in seine einzelnen Bestandteile (Lokalität, Modalität, Empfindung). Synthetische Repertorisation: Auffinden des zusammengesetzten Symptoms, wie vom Patient beschrieben, im Repertorium.
Beispiel. Nehmen wir als Beispiel das zusammengesetzte Symptom:
Extremitäten, Schmerz, Ellbogen, Wärme verschlechtert
Wir finden Guajacum officinale als einziges Mittel, im Grad 2. Das Symptom setzt sich nur aus Lokalität und Modalität zusammen. Trotzdem nur ein Mittel?
Da haben wir das Dilemma: Entweder wir geben jetzt Guajacum oder wir lassen die kleine, zusammengesetzte Rubrik: „Extremitäten, Schmerz, Ellbogen, Wärme verschlechtert” fallen, denn wahrscheinlich haben wir uns im Repertorium mal wieder „verirrt”. Wir brauchen mehr Symptome, also schauen wir uns die Fallbeschreibung einer Epicondylitis lateralis, der das obige Symptom entstammt, genauer an.
Krankengeschichte
Eine 52-jährige Patientin hat schon seit einigen Wochen Schmerzen außen seitlich im rechten Ellbogengelenk, die sich langsam gesteigert haben. Zuerst tat es nur weh bei bestimmten Bewegungen, jetzt schmerzt es andauernd. Lokale Wärme kann sie überhaupt nicht vertragen, dann wird es viel schlimmer. Um Einschlafen zu können, kühlt sie das Gelenk mit einem Eispack. Neuerdings habe sie zusätzlich ein Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Fingern der Hand derselben Seite. Das Kribbeln habe sie besonders in den Fingerspitzen. Auf Befragen beschreibt sie den Schmerz als brennend.
Wahl der Rubriken und Repertorisation Die Kunst bei der Repertorisation nach Kent und in allen nach Kent aufgebauten Folgerepertorien besteht zweifellos in der Wahl der Rubriken. In diesem Fall brauchen wir die Rubriken: Extremitäten, Schmerz, warme Anwendungen verschlechtern Extremitäten, Schmerz, kalte Anwendungen bessern Diese beiden Rubriken sind zwar unter Extremitäten zu finden, dennoch sind sie der Lokalrubrik: Extremitäten, Schmerz, Ellbogen, Wärme verschlechtert übergeordnet. Wir bewegen uns also wieder auf eine allgemeinere Ebene und verlassen die zusammengesetzte Lokalrubrik Tab. 1 und Tab. 2. Tab. 1 Erweiterte Repertorisation mit 2 Symptomen (Modalitäten) Rubrik Summe 1 Extremitäten – Schmerz – kalt – Anwendungen; kalte – amel. 14 2 Extremitäten – Schmerz – warm – Anwendungen; warme – agg. 17 Tab. 2 Repertorisierte Arzneimittel sec. puls. guaj. lac-c. apis thuj. led. bry. sulph. ang. 2/6 2/5 2/4 2/3 2/2 2/2 1/3 1/2 1/2 1/1 1 3 3 2 2 1 1 3 - - 1 2 3 2 2 1 1 1 - 2 2 - Jetzt kommen wir der Sache schon näher: Es bleiben Secale cornutum, Pulsatilla pratensis, Guajacum, Lac caninum, Apis mellifica und Thuja occidentalis zur Auswahl. Setzen wir noch die Begleitsymptome Taubheit und Kribbeln dazu und die brennende Empfindung, so erhalten wir die in Tab. 3 und Tab. 4 dargestellte Auswertung. Tab. 3 Vollständige Repertorisation Rubrik Summe 1 Extremitäten – Schmerz – Ellbogen 269 2 Extremitäten – Schmerz – kalt – Anwendungen; kalte – amel. 14 3 Extremitäten – Schmerz – warm – Anwendungen; warme – agg. 17 4 Extremitäten – Ameisenlaufen – Finger – Fingerspitzen 29 5 Extremitäten – Gefühllosigkeit, Taubheit – Finger 155 6 Extremitäten – Schmerz – brennend 56 Tab. 4 Repertorisierte Arzneimittel sec. thuj. puls. bell. plat. sulph. apis kreos. sep. tritic-vg. 6/14 5/7 4/7 4/6 4/6 4/6 4/5 4/5 4/5 4/4 1 1 1 1 2 1 1 1 1 1 1 2 3 1 3 1 - - 1 - - 1 3 3 1 2 - - 2 1 - 1 - 4 3 2 - - 1 1 - 1 1 - 5 3 2 1 1 3 2 2 2 2 1 6 1 - - 2 1 - - 1 - 1 Mittelgabe und Verlauf Secale liegt klar vorn. Manch einer sieht vielleicht auf Anhieb, dass dies ein Fall von Secale ist. Die Frau erhielt Secale LM 6 1 × tgl. (DHU). Die Schmerzen verschwanden innerhalb von 5 Tagen spurlos und sie hat bisher keinen Rückfall erlitten (seit fast 2 Jahren). Die Verschreibung ersparte ihr die vierte Ellbogenoperation, denn sie hatte wegen Ellbogenschmerzen schon zweimal den linken und einmal den rechten Ellbogen operieren lassen.Bewertung
Kommen wir jetzt zu unserer anfänglichen Frage der analytischen oder synthetischen Repertorisation zurück. Man sieht an diesem Fall, dass er mit Rubriken aus dem Kapitel Extremitäten gelöst werden konnte, aber ganz überwiegend mithilfe von Allgemeinrubriken im Kapitel Extremitäten. Die Allgemeinrubriken in den einzelnen Kapiteln bilden häufig einen sicheren Halt, es kommt jedoch auch vor, dass man das Kapitel Allgemeines mit einbeziehen muss. Andererseits kann auch eine sehr wertvolle Rubrik bei den zusammengesetzten kleinen und kleinsten Unterrubriken zu finden sein.
Fazit Das Repertorium ist kein starres Instrument, das darin enthaltene Wissen kann dem jeweiligen Fall mit seinen Symptomen angepasst werden. Einige Fälle lassen sich besser mit der analytischen, andere mit der synthetischen Vorgehensweise lösen. Der Vorteil ist allerdings bei Kent oder Synthesis, dass man innerhalb eines Falles beide Methoden anwenden kann, je nachdem, was die Rubriken hergeben.
Dr. Anne Sparenborg-Nolte
Alter Kirchhainer Weg 5
35039 Marburg/Lahn
Email: anne@sparenborg.com