Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0029-1242793
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Hilfekonferenzen, das neue Verfahren zur Eingliederungshilfe psychisch Kranker nach dem SGB XII – eine Zweijahresuntersuchung
“Help Conference”, A New Social Assistance for Integration According to § 53 SGB XII – A Two-Year AnalysisPublication History
Publication Date:
28 December 2009 (online)
Zusammenfassung
Einleitung: Seit der Einführung des Hilfekonferenzverfahrens für Leistungen der Eingliederungshilfe (§53 ff. SGB XII) ist in der Region Hannover die Zahl der Anträge in 5 Jahren um ca. 1 100% gestiegen. Untersucht wurde, welches Klientel die Leistung in Anspruch nimmt, wer die jeweilige Leistung beantragt, ob die Forderung nach einer personenzentrierten ambulanten Hilfe erfüllt wird und welche Konsequenzen das neue Verfahren für Klient und Behandler zur Folge hat.
Methode: Es wurden Hilfekonferenzprotokolle aus den Jahren 2005 und 2006 untersucht. Die soziodemografischen, sowie die krankheits- und behandlungsbezogenen Merkmale und der ärztliche Bericht zur Verfahrenseinleitung wurden erfasst und retrospektiv analysiert. Insgesamt waren von 202 Verfahren zur Eingliederungshilfe 78 Dokumentationsbögen vollständig ausgefüllt und konnten in die Untersuchung eingeschlossen werden.
Ergebnisse: In der Diagnoseverteilung bilden Patienten mit Diagnosen nach ICD 10 F2 die größte Gruppe (47,4%, n=37) der Betroffenen. Die größte Einzelgruppe (39,7%, n=31) stellten Männer mit Suchterkrankungen (ICD 10 F01) dar. Im Gegensatz zu Frauen (6,1%, n=5) spielen bei einem Drittel der betroffenen Männer Suchterkrankungen eine Rolle. Nur in Einzelfällen stellten die Klienten selbst einen Antrag auf Eingliederungshilfe. Einundvierzig Prozent (n=32) der Anträge waren Erstanträge auf Maßnahmen der Eingliederungshilfe, die bei 3/4 (n=24) der Klienten durch Kliniken angeregt wurden. Bei 59% (n=46) der Patienten wurden Folgeanträge gestellt, wovon durch 2/3 (n=31) dieser Anträge durch die Leistungserbringer gestellt wurden.
Schlussfolgerung: Die Vorgaben der Rechtsempfehlung zum Verfahren konnten erfüllt werden. Eine personenzentrierte, individuelle Hilfe wurde erreicht. Das Hilfeplanverfahren führt durch klare zeitliche Vorgaben zu einer deutlichen Verbesserung der Planbarkeit in der Nachbetreuung psychisch Erkrankter.
Abstract
Objective: To deal with applications for social assistance for integration according to § 53 SGB XII, in the district of Hannover a so called “Help Conference” was introduced. Since implementation of “Help Conferences”, the number of applications has increased by about 1 100% over the past five years. We analysed whether a change from the institutional help system to more individual “help” has already been realised.
Methods: “Help Conferences“ recorded between 2005 and 2006 were evaluated in regard to demographic and medical data. 78 of 202 protocols (40%) had been filled in completely and thus could be included in our evaluation.
Results: 37 patients (47%) had F2 spectrum diagnoses according to ICD-10. More than one third of our patients (31 patients=40%) were male patients with a diagnosis of addiction, whereas in this study female patients were rarely affected by addiction (5 patients=6%). The first application was filed by the hospital social service in most cases. Applications submitted by the patients themselves were an exception. 46 applications (59%) were follow-ups, submitted by the institution responsible for the patient.
Conclusions: The new system is focused on the individual interests of patients and implicates an improved and more predictable aftercare in patients with psychiatric diseases.
Schlüsselwörter
personenzentrierte ambulante Hilfen - Eingliederungshilfe - Hilfekonferenz - SGB XII
Key words
individualized psychiatric care - integration support - help conferences - need assessment
Literatur
- 1 Borchardt D, Hermle L. Leistungen und Strukturen der personenbezogenen ambulanten gemeindepsychiatrischen Versorgung in Baden- Württemberg. Krankenhauspsychiatrie. 2006; 17 31-39
- 2 Der Regionspräsident . Sozialpsychiatrische Hilfekonferenzen- Entwicklung und Sachstand, Drucksachennr. 2002; I M 0309
- 3 Elgeti H. Evaluation der Planung von Eingliederungshilfen. Das Gesundheitswesen. 2004; 66 812-815
- 4 Fichtner O. Kommentar zur Grundsicherung – SGB XII – Sozialhilfe. München, Franz Vahlen. 2005; 3 326-375
- 5 Kauder V. Aktion Psychisch Kranke, Personenzentrierte Hilfe in der psychiatrischen Versorgung. Psychiatrieverlag, Bonn. 1997; 4 111-128
- 6 Kluge H, Angermeyer C. Auswirkungen struktureller Faktoren auf die Inanspruchnahme Sozialpsychiatrischer Dienste – eine Mehrebenenanalyse. Psychiatrische Praxis. 2007; 34 20-25
- 7 Kornelius B, Roth D. Politische Partizipation in Deutschland, Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, Bertelsmann Stiftung. Bundeszentrale für politische Bildung. 2004; 1 471
- 8 Kruckenberg P. Personalbemessung im komplementären Bereich von der institutions- zur personenbezogenen Behandlung und Rehabilitation. Bonn, Selbstverlag durch Aktion Psychisch kranke. 1995; 2 141-155
- 9 Kunze H. Aktion psychisch Kranke; Personenzentrierte Hilfen – Erfahrungen und Perspektiven. Bonn: Psychiatrie-Verlag. 2004; 4 183-214
- 10 Lampen-Imkamp S, Dillo W, Wellmann B. 1-Euro Jobs für psychische Erkrankte statt Arbeitsplätzen in beschützten Werkstätten. Erste Erfahrungen. Psychiatrische Praxis. 2007; 78 399
- 11 Marburger H. SGB XII – Die neue Sozialhilfe. Regensburg/Berlin; Wallhalla. 2004; 3 28-32
- 12 Münder S. NOMOS-KOMMENTAR – Sozialgesetzbuch XII; Baden-Baden. Nomos Verlagsgesellschaft. 2005; 7 387-427
- 13 NpsychKG . Niedersächsisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke. 1997; http://intra.voris.niedersachsen.de
- 14 Peukert R, Goldbach H. Pro und Contra: Der Integrierte Behandlungs- und Rehabilitationsplan (IBRP) und die Hilfeplankonferenz (HPK). Psychiat Prax. 2006; 33 3-5
- 15 Region Hannover . Sozialpsychiatrischer Plan. Eigendruck. 2003; 1 60-113
- 16 Region Hannover . Statistik – Team Gemeindepsychiatrie. 2005; 1 1-18
- 17 Rosenow C. 10 Jahre bundeseinheitliche Krankenhaus Statistik. Statistisches Bundesamt. 2002; 5
- 18 Schulz W, Bittner-Lorenz M-L. Evaluierung des Einsatzes von einrichtungsübergreifenden Hilfeplankonferenzen in der psychiatrischen Versorgung der Stadt Wolfsburg. Gesundheitswesen. 2003; 65 641-647
- 19 Team Gemeindepsychiatrie . Angebotsformen der Region Hannover. 2007; 1 1-13
- 20 Wienberg G. Die neue Psychiatrieverordnung- Chance für die Gemeindepsychiatrie, Institut für Kommunale Psychiatrie. Psychosoziale Arbeitshilfen, Bonn. 1991; 5
Korrespondenzadresse
Dr. med. S. Lampen-Imkamp
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Medizinische Hochschule
Hannover OE 7110
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
Email: Lampen.stefanie@mh-hannover.de