Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(2): 80-86
DOI: 10.1055/s-0029-1243380
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der Tauchunfall – Präklinische und klinische Behandlungsstrategien

First therapy of decompression injuriesJan Castan, Sebastian Wirtz, Heinzpeter Moecke, Willi Schmidbauer, Olaf Ahlers, Thoralf Kerner
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Publikationsdatum:
12. Februar 2010 (online)

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Zusammenfassung

Der Tauchunfall ist ein seltenes Ereignis im Notarztdienst, das besonderes physikalisches und pathophysiologisches Verständnis voraussetzt. Durch zunehmende Freizeitaktivität und die Faszination des Tauchsportes auch bei älteren Personen ist mit einer Zunahme von Tauchunfällen zu rechnen. Die Ursache des Tauchunfalls kann nicht nur Unwissenheit der Tauchphysik sein, sondern auch ein Trauma unter Wasser sowie internistische Erkrankungen wie Herzinfarkt, Apoplex oder Hypoglykämie. Bei der Behandlung der Patienten darf deshalb die Therapie der zugrunde liegenden Erkrankung nicht außer Acht gelassen werden. In der Initialtherapie stehen die schonende Rettung und Immobilisation an erster Stelle. Alle Patienten sollten Sauerstoff erhalten (möglichst verabreicht über ein Demandventil), bis eine Druckkammer erreicht worden ist. Eine spezifische medikamentöse Therapie der Dekompressionskrankheit gibt es nicht. Eine schnellstmögliche Vorinformation des nächsten Klinikums mit einer Druckkammer ist wichtig, da oft eine Vorlaufzeit besteht, bis die Druckkammer einsatzbereit ist. Die Sicherstellung des Tauchcomputers des Verunfallten ist wichtig für das Druckkammerzentrum, um Informationen über Tauchtiefe, Tauchdauer und Dekompressionsstopps zu erhalten. Auch außerhalb des Tauchens kann es zur Dekompressionskrankheit kommen, wie zum Beispiel bei Tunnelarbeiten unter Überdruck. Diese Unfälle sind nach den gleichen Richtlinien zu versorgen.

Abstract

The diving accident is a rare incident for an emergency physician which requires special physical and patho-physiological knowledge. With increasing recreational activities and the fascination of diving also for older persons diving accidents are expected to occur more often.

There can be several reasons for diving accidents such as the ignorance of the physics of diving, a trauma under water as well as internistical illnesses like heart attach, stroke or hypoglycaemia. The therapy of the underlying illness should not be left aside while dealing with the patient. The careful rescue and the immobilisation are most important for the initial therapy. The patient should receive oxygen, if possible via a demand valve, until a hyperbaric chamber is reached. There is no specific medical therapy for decompression illness. It is very important that a pre-information is sent to the closest hyperbaric chamber as soon as possible since often the chamber needs some time to be properly prepared for usage. In order to receive information regarding the depth where the diving incident occured, the duration of the diving trip and the decompression stops, it is important to secure the diving computer of the victim for the hyperbaric chamber.

Also outside diving, decompression illness can occur, for example working in a tunnel under hyperbaric conditions. These accidents have to be treated according to the same guidelines.

Kernaussagen

  • Ein Tauchunfall kann vielfältige Ursachen haben: traumatologische oder internistische Ursachen sowie mangelnde Kenntnisse der Tauchphysik.

  • Die Rettung sollte schonend und horizontal erfolgen; ein weiterer Wärmeverlust ist zu verhindern.

  • Bei Verdacht auf eine Dekompressionskrankheit oder arterielle Gasembolie sofort Sauerstoff geben, am besten über Demandventil und eine dicht sitzende Maske.

  • Die Grunderkrankung, die ggf. zum Tauchunfall geführt hat, muss parallel behandelt werden.

  • Das Klinikum mit der Druckkammer ist rechtzeitig zu informieren, da in der Regel Vorlaufzeiten bestehen.

  • Es gibt keinen etablierten medikamentösen Therapieansatz der Dekompressionskrankheit oder der arteriellen Gasembolie.

  • Der Transport zur Druckkammer sollte schnellstmöglich erfolgen, ggf. mithilfe der Luftrettung bei maximal niedriger Flughöhe.

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Literatur

Dr. med. Jan Castan
Dr. med. Sebastian Wirtz
Dr. med. Heinzpeter Moecke
Dr. med. Willi Schmidbauer
PD Dr. med. Thoralf Kerner
Dr. med. Olaf Ahlers

eMail: j.castan@asklepios.com

eMail: s.wirtz@asklepios.com

eMail: h.moecke@asklepios.com

eMail: willischmidbauer@bundeswehr.org

eMail: t.kerner@asklepios.com

eMail: olaf.ahlers@charite.de