Intensivmedizin up2date 2010; 6(2): 149-162
DOI: 10.1055/s-0029-1243975
Pädiatrische Intensivmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kinderonkologische Intensivmedizin

Arndt  Borkhardt
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Publication Date:
01 April 2010 (online)

Kernaussagen

  • Die komplexe, meist hochwirksame Behandlung von Leukämie und Tumorerkrankungen im Kindesalter hat die prinzipielle Chance auf Dauerheilung entscheidend verbessert. Die Therapie der Nebenwirkungen der Chemo- und Immuntherapie ist dafür von zentraler Bedeutung.

  • Auch bei einer nur minimalen Atemstörung kann ein Mediastinaltumor innerhalb von nur wenigen Stunden eine schwere respiratorische Insuffizienz verursachen. Vor der Biopsie der mediastinalen Raumforderung in Allgemeinnarkose ist die Möglichkeit zu prüfen, durch weniger invasive Maßnahmen die Tumordiagnose zu stellen. Eine präoperative empirische Therapie für 48 – 72 h mit Kortikosteroiden und Cyclophosphamid ist zur Verkleinerung eines kritisch großen Mediastinaltumors sicherer als eine unverzügliche Biopsie.

  • Die Rückenmarkkompression durch eine solide Raumforderung bedarf zur Vermeidung einer irreversiblen Querschnittsymptomatik einer raschen Intervention. Die Dauer der Kompression ist für die Restitution der nervalen Funktion entscheidend.

  • Hyperleukozytose und Tumorlysesyndrom drohen insbesondere bei akuter myeloischer Leukämie, akuter lymphoblastischer Leukämie vom T-Zell-Typ und bei Säuglingsleukämie. Ein Tumorlysesyndrom kann durch eine Hyperkaliämie lebensbedrohliche Rhythmusstörungen verursachen.

  • Fieber ist bei einer Neutropenie nach Chemotherapie oft das einzige Symptom einer beginnenden, schweren Allgemeininfektion. Daher ist zwingend eine frühzeitige empirische antibiotische Therapie erforderlich, auch wenn bei der Mehrzahl der Kinder die Ursache des Fiebers unklar bleibt und keine Keime nachgewiesen werden.

  • Das theoretische und praktische Beherrschen möglicher Komplikationen einer hochdosierten Methotrexattherapie ist für kinderonkologische Behandlungszentren unerlässlich. Zur Behandlung der schweren MTX-Intoxikation steht das rekombinante Enzym Glucarpidase (Carboxypeptidase) zur Verfügung.

  • Bei der allogenen Knochenmarktransplantation ist das regelmäßige Screening auf CMV, Adenoviren, RSV, HHV6, EBV, Polyoma BK-Virus, ggf. auch auf Influenza- und Parainfluenza-Virus notwendig. Auch bei asymptomatischen Patienten ist ein molekularbiologischer Nachweis von Virusgenom im peripheren Blut eine Therapieindikation. Die derzeitigen antiviralen Medikamente sind oft unzureichend wirksam und haben zahlreiche Nebenwirkungen. Der adoptive Transfer virusspezifischer T-Lymphozyten, die aus dem Blut des Stammzellspenders isoliert werden müssen, ist künftig die vielversprechendste Therapieoption. Virusspezifische T-Lymphozyten lassen sich derzeit zur Behandlung von CMV-, Adenovirus- und EBV- Komplikationen erst in einigen wenigen Labors GMP-konform im klinischen Maßstab herstellen.

  • Die Lebervenenverschlußerkrankung (VOD) nach allogener KMT hat eine hohe Letalität. Zur spezifischen Behandlung steht das Medikament Prociclide zur Verfügung.

Literatur

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Prof. Dr. Arndt Borkhardt

Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie

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