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DOI: 10.1055/s-0029-1244032
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Der Amtsarzt – vom staatlichen Medizinalbeamten zum bürgernahen kommunalen Fachdienst
Umfassender Handlungsauftrag – geringe RessourcenPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
07. April 2010 (online)
Kernaussagen
Der öffentliche Gesundheitsdienst in Deutschland besteht aus Fachbehörden und Einrichtungen, die sich in der Trägerschaft der Kommunen, der Länder und des Bundes befinden. Er ist sowohl Teil des Gesundheitswesens als auch Teil des öffentlichen Dienstes.
Der Dienst wurde 1934 als staatliche Sonderbehörde (Gesundheitsamt) unter der Leitung des Amtsarztes flächendeckend durch ein Reichsgesetz für hoheitliche Aufgaben im Bereich des Gesundheits- und Infektionsschutzes, der Gesundheitshilfe und Prävention, der Medizinal- und Sanitätsaufsicht und der Begutachtung einschließlich der Erb- und Rassenhygiene geschaffen. In der öffentlichen Wahrnehmung überdauerte die Institution Amtsarzt die Ablösung der alten Rechtsgrundlagen durch die Gesundheitsdienstgesetze der Länder. Die tief greifenden organisatorischen, konzeptionellen und strategischen Veränderungen der (kommunalen) Gesundheitsämter in den letzten Jahrzehnten sind nur Fachleuten bekannt. Das Gesundheitsamt und dessen ärztliche Leitung sind in die kommunalen Verwaltungsstrukturen integriert und erfüllen multiprofessionell und interdisziplinär kommunale und staatliche Verwaltungsaufgaben. Das Gesundheitsamt berät Bürgerinnen und Bürger, andere Behörden und die Kommunalpolitik bei sozialmedizinischen und hygienischen Fragen und moderiert auf der Grundlage einer regionalen Gesundheitsberichterstattung. Die Aufgaben des Gesundheitsschutzes wurden erweitert durch Surveillance und Netzwerkbildung, z. B. bei der Verhütung von nosokomialen Infektionen.
Projekte der lebensraumbezogenen Gesundheitsförderung sind in Ballungszentren etabliert, ebenso wie die neue Aufgabe der subsidiären Versorgung vulnerabler Bevölkerungsgruppen.
Wissenschaftliche Kooperationen im Bereich öffentlicher Gesundheit mit Universitäten und Instituten werden ausgebaut.
Die Leistungsfähigkeit des Gesundheitsamtes entsteht aus den vorhandenen personellen und materiellen Ressourcen. Die Zuteilung dieser Ressourcen ergibt sich aus den Prioritäten und den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln der einzelnen Kommune und führt zu heterogenen, bisweilen defizitären Strukturen.
Obwohl weniger als 1 % aller Gesundheitsausgaben auf den kommunalen Gesundheitsdienst entfallen, ist das moderne Gesundheitsamt der wesentliche Eckpfeiler für den hohen Standard öffentlicher Gesundheit in Deutschland.
Literatur
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Der Öffentliche Gesundheitsdienst. In: Schwarz FW et al., Hrsg Das Public-Health-Buch. München, Jena; Springer 2010 [im Druck] - 7 Gesundheitsamt Wiesbaden .Geschäftsbericht 2008. Stadt Wiesbaden 2009. Im Internet: www3.wiesbaden.de/vv/medien/merk/53/Geschaeftsbericht08_090302_1_.pdf ; Stand Februar 2010
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- 10 Locher W G, Wildner M, Kerscher G F. Hrsg .Der Öffentliche Gesundheitsdienst im internationalen Vergleich – Euregio Bodensee. München; Zuckschwerdt 2009
Dr. med. Wolfgang Müller
Akademie für öffentliches Gesundheitswesen
Kanzlerstraße 4
40472 Düsseldorf
eMail: Mueller@akademie-oegw.de