Pneumologie 2010; 64(7): 432-433
DOI: 10.1055/s-0029-1244186
Leserbrief

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auswirkungen der Asbestfaserstaub-Exposition auf die Lungenfunktion – ein systematisches Review

E.  Scheer
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Publication Date:
14 July 2010 (online)

Pneumologie 2010; 64: 81 – 110

Für den mit der Begutachtung der Asbestose befassten Leser ist der Artikel eine äußerst spannende Lektüre. Den Autoren gelingt es, gleich mehrere Konventionen in der gutachterlichen Bewertung von asbestbedingten Folgeschäden nachhaltig zu erschüttern. So gilt es nach einschlägigen Empfehlungen [1] bislang als ausgemacht, dass „obstruktive Ventilationsstörungen … bei Asbestose nicht typisch bzw. nicht häufiger als in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten” sind. Als „erhebliche” (d. h. MdE-relevante) Pleuraveränderungen gelten derzeit lediglich solche der „visceralen Pleura (diffuse langstreckige Veränderungen), Pleuraschwarten insbesondere mit Verlötung des costophrenischen Winkels (CW) und/oder Ausbildung von Rollatelektasen und Lappenschrumpfungen” [1]. Für geringer ausgeprägte Pleurabefunde wird bislang allenfalls eine Stütz-MdE von 10 v. H. diskutiert. Die von Baur und Wilken dargestellten Ergebnisse von klinischen und Lungenfunktionsbefunden bei Exponierten ohne radiologisch objektivierbare Veränderungen spielen für die gutachterliche Entschädigungspraxis derzeit keine Rolle.

Wenn es, wie die Autoren schlussfolgern, richtig ist, dass „parenchymatöse Schäden mit funktionellen Auswirkungen bereits bei fehlenden oder nur geringgradigen radiologischen Befunden” vorliegen, so unterstreicht dies die Notwendigkeit einer umfassenden pulmonalen Funktionsdiagnostik als Grundlage einer wohlbegründeten und gerechten Entschädigungspraxis. Mit einer spirometrischen Messung (wie von manchen beauftragenden Berufsgenossenschaften praktiziert) ist hier nichts auszurichten.

Der Artikel wirft wie jeder innovative Diskussionsbeitrag eine Reihe von Fragen auf, die man als praktisch tätiger Gutachter gerne beantwortet hätte:

Lässt sich die durch Pleurabefunde bedingte Einschränkung der Lungenfunktion noch differenzierter nach Art (visceral/parietal) bzw. Ausmaß der Pleuraplaques darstellen? Wäre es möglich, im Rahmen einer integrierenden Metaanalyse der aufgeführten Studien die asbestbedingten Lungenfunktionseinschränkungen den jeweiligen radiologischen Befunden zuzuordnen?

Literatur

  • 1 Kroidl R F, Nowak D, Seysen U. Bewertung und Begutachtung in der Pneumologie.  Stuttgart; Thieme 2009

Dr. Edwin Scheer

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