Fortschr Neurol Psychiatr 2010; 78(5): 256-268
DOI: 10.1055/s-0029-1245217
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konfabulationen – Alte und neue Theorien eines rätselhaften Phänomens

Confabulations – Prior and Recent Theories of a Mysterious SyndromeM.-D. Heidler1
  • 1Abteilung für Neurologie, Brandenburg Klinik, Bernau-Waldsiedlung (Chefarzt: Prof. Dr. med. Michael Jöbges)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. März 2010 (online)

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Zusammenfassung

Konfabulationen sind kein einheitliches Syndrom, sondern umfassen verschiedene Formen verbaler Behauptungen mit unterschiedlicher Ätiologie. Sie können autobiografische Ereignisse, semantisches Wissen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft betreffen und sind fabrizierte, verzerrte oder missinterpretierte Erinnerungen oder Wahrnehmungen ohne bewusste Täuschungsabsicht. Verursacht werden Konfabulationen durch unterschiedliche Störungsmechanismen: einerseits durch defizitäre Gedächtnisfunktionen (vor allem gestörte Gedächtniskontrollprozesse) wie Quellenamnesie oder Störungen im strategischen Abruf von Erinnerungen, andererseits durch Wahrnehmungsstörungen (z. B. Neglektphänomene). Konfabulationen haben die Funktion, der aktuellen Situation einen Sinn zu geben, die persönliche Identität in Interaktion mit anderen aufrechtzuerhalten und Handlungen zu organisieren und zu legitimieren.

Abstract

Confabulations are no unitary syndrome, but comprise different forms of verbal statements with a varying aetiology. They can pertain to autobiographical events, semantic knowledge, the past, presence and future and are fabricated, distorted or misinterpreted memories or perceptions without conscious intent to deceive. Confabulations are caused by different mechanisms: on the one hand by disturbed memory processing (mainly by monitoring disturbances) – such as impairments in source monitoring or in the strategic retrieval of memories, on the other hand by perceptual disorders (such as neglect). Confabulations act as sense-makers in a current situation, as self-makers to keep one’s identity in interaction with others and as world-makers to organize and legitimate actions.