pferde spiegel 2010; 13(3): 135
DOI: 10.1055/s-0030-1250270
fachspiegel

© Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Die Trächtigkeitsuntersuchung bei der Stute – Dienst- oder Werksvertrag?

Christine  Aurich , Wien, Eberhard Schüle , Dortmund
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 September 2010 (online)

Werksvertrag

Prof. Dr. Christine Aurich, Wien

Meiner Ansicht nach handelt es sich bei der Trächtigkeitsuntersuchung einer Stute, d. h. bei einer Untersuchung, zu der der Tierarzt beauftragt wird, um festzustellen, ob bei einer Stute eine Trächtigkeit vorliegt oder nicht, um einen Werksvertrag. Anders als bei den meisten tierärztlichen Leistungen geht es bei diesem Vertrag nicht um die (Heil-)Behandlung einer Gesundheitsstörung, sondern um eine rein diagnostische Tätigkeit zwecks Erhebung eines Untersuchungsbefundes (MünchKomm-BGB/Busche, 5. Aufl. 2009, Rn. 243 mit Hinweis auf BGH NJW 1983, 2078 zur tierärztlichen Ankaufsuntersuchung). Der Untersuchungsbefund versetzt den Tierhalter in die Lage, weitere Entscheidungen zu treffen z. B. bezüglich weiterer Nutzung, Wiederbelegung oder Verkauf der Stute. Anders als bei der Einordnung eines Behandlungsvertrages, der als Dienstvertrag gilt, sind bei der Trächtigkeitsuntersuchung keine Unwägbarkeiten gegeben, die für den Eintritt eines Behandlungserfolges mit verantwortlich sind. Eine Trächtigkeit liegt objektiv vor oder nicht vor und es geht zunächst nicht um ihre Behandlung mit unter Umständen ungewissem Behandlungserfolg. Danach ändert sich die Einordnung aber z. B. dann, wenn eine bereits als tragend befundene Stute dem Tierarzt mit dem Verdacht auf das Vorliegen einer Trächtigkeitsstörung (z. B. bevorstehender Abort, Plazentitis) vorgestellt wird.

Dass die Erhebung des Trächtigkeitsbefundes im Einzelfall schwierig oder auch mit Unsicherheiten behaftet sein kann, ändert an der Einordnung als Werksvertrag nichts. Der Tierarzt schuldet dem Tierhalter die Diagnose trächtig oder nicht trächtig. Bei einer Nicht-Feststellbarkeit der Trächtigkeit oder bei erheblicher Diagnoseunsicherheit liegt gegebenenfalls der Fall einer leistungsbefreienden Unmöglichkeit (§ 275 BGB) vor. Auch wenn die Trächtigkeitsuntersuchung als Werksvertrag einzuordnen ist, ist der Tierarzt zu Schadensersatz nur im Falle eines schuldhaft fehlerhaften Untersuchungsergebnisses (also bei mindestens fahrlässigem Verstoß gegen die Regeln der tierärztlichen Kunst) verpflichtet.