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DOI: 10.1055/s-0030-1251083
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Endoskopie und Risiken – Umsicht und Vorsicht reduzieren potenzielle Gefahren!
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
02. März 2010 (online)
Diskutieren wir über Komplikationen und Nebenwirkungen in der Endoskopie, meinen wir fast selbstverständlich Risiken, die die Patienten vor, während oder nach einer endoskopischen Untersuchung betreffen. Das Vermeiden bzw. das Management solcher Situationen ist ein wichtiges Element der Prozess- und Ergebnisqualität in Endoskopieabteilungen und -praxen und integral im Qualitätsmanagement verankert.
Wenig überraschend, aber seltener thematisiert und ebenfalls relevant sind jedoch auch alle gesundheitlichen Risiken, die direkt das pflegerische und ärztliche Personal in der Endoskopie betreffen.
Dies ist umso bedeutsamer, da die Organisationsstruktur einer Endoskopieeinheit durch hohe Untersuchungsdichte und ausgedehnte Anforderungsprofile bei häufig allenfalls ausreichender Personalausstattung im Fall eines prinzipiell vermeidbaren Personalausfalls häufig überlastet wird.
Dabei sind es nicht nur die rein physischen Risiken, die gerade bei ständiger Wiederholung zu gesundheitlichen Problemen führen, sondern auch infektiöse und durch Strahlen bedingte Gefahren.
Mechanische Belastung, hohe Wiederholungsrate und der Fokus auf bestimmte Körperregionen (Hand, Handgelenke, Schulter und Wirbelsäule) führt zu besonderen Risiken für das Endoskopiepersonal. Studien belegen vermehrt muskuläre und ossäre Verletzungen und die Medikation mit Analgetika sowie chirurgische Eingriffe beim Endoskopiepersonal. Ergonomische Überprüfungen der Endoskopieräume (Sitzgelegenheiten, Höhe der Monitore, Untersuchungsliegen etc.) stehen im Zentrum zur Verbesserung der Arbeitsorganisation und Vermeidung von Personalschäden.
Infektionsrisiken bei endoskopischen Untersuchungen bestehen für das gesamte Endoskopiepersonal nicht erst aktuell, aber durch neue und vor allem auch immer mehr resistente Erreger steigt die Gefahr zukünftig deutlich. Noroviren, multiresistente Bakterien (MRSA, ORSA etc.), vermehrt pathogene Durchfallerreger (Clostridien) sind hier zu nennen. Die Gefahr bei parenteraler Exposition (HCV, HBV und HIV) durch Nadelstiche, Biopsiezangen und Skalpelle als auch die H. pylori-Infektion bleibt ebenfalls bestehen. Hier ist unbedingt eine Testung der entsprechenden Patienten und die korrekte Informationsweitergabe mit den Patientenakten zu gewährleisten. Nur dann kann durch individuelle Vorsichtsmaßnahmen des Endoskopiepersonals und Positionierung der Untersuchung am Tagesende die Risikoreduzierung maximiert werden. Dies impliziert ebenfalls die konsequente Trennung von Sozial- und Endoskopiebereichen, die häufige Händedesinfektion sowie die komplette Reinigung von Endoskopieräumen nach entsprechenden Risikountersuchungen.
Kontaktrisiken und -verletzungen ergeben sich z.B. durch Substanzen wie Glutaraldehyd oder auch einfach durch Allergien gegen Latex. Lokale Irritationen (Augen, Nase, Lunge) oder auch Haut-erkrankungen mit chronischen Entzündungen können entstehen. Das Risikobewusstsein, eine automatische Gerätereinigung mit Desinfektionscontainern oder der einfache Wechsel auf Vinylhandschuhe lösen häufig die Probleme.
Strahlenrisiken sind in Endoskopieeinheiten vor allem bei der ERCP gegeben, während in Praxen ohne diese Untersuchung allenfalls bei schwierigen Koloskopien und C-Bogen-Durchleuchtung Gefahren entstehen. Die Abnahme der diagnostischen ERCP führt in vielen Endoskopieabteilungen bei reduzierter Untersuchungsfrequenz zu einer durch mehr Interventionen bedingten absoluten Zunahme der Untersuchungszeit und damit auch der Durchleuchtungszeit. Studien belegen zwar eine bei Einhaltung der formalen Richtlinien geringe Strahlenexposition des endoskopischen Personals, aber aufgrund des Kumulationsrisikos ist immer wieder auf die Einhaltung bestimmter Faktoren zu achten (Röntgenschutz inkl. Schilddrüse!). Dies beinhaltet vor allem die Expositionszeit, die Verkleinerung des Strahlenfelds, die Maximierung des Abstands zur Strahlenquelle ebenso wie die Kenntnis, dass die Streustrahlung durch den Patienten eine überaus relevante Gefahrenquelle darstellt. Auch sollte das Dosimeter nicht am Kittel außerhalb des Untersuchungsraumes platziert werden!
Es ist somit nur konsequent, neben der endoskopischen Versorgungsqualität der uns anvertrauten Patienten auf den Erhalt der eigenen gesundheitlichen Integrität als ein wichtiges Kriterium für eine gut funktionierende Endoskopieeinheit zu achten. Sie ist ein hohes Gut, das es zu pflegen und zu erhalten gilt.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. S. Rossol
Medizinische Klinik Krankenhaus Nordwest GmbH
Steinbacher Hohl 2-26
60488 Frankfurt/Main
eMail: rossol.siegbert@khnw.de