Zusammenfassung
Zahlreiche epidemiologische Studien haben einen Zusammenhang
zwischen einem erhöhten Krebsrisiko und Typ-2-Diabetes
ebenso wie Adipositas gezeigt. Auch wenn die genauen zugrunde liegenden
Mechanismen noch unklar sind, scheint eine Hyperinsulinämie
in Gegenwart einer Insulinresistenz ein wichtiger Faktor zu sein. Die
Hyperinsulinämie begünstigt möglicherweise
die Tumorgenese, da Insulin nicht nur metabolische Wirkung besitzt,
sondern in hoher Konzentration auch mitogen ist. Zudem könnte
die Suszeptibilität von Tumorzellen gegenüber
Insulin durch Änderung des Insulinrezeptorbesatzes erhöht
sein. Eine Diabetestherapie mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen,
die zu erhöhten exogenen oder endogenen Insulinspiegeln
führt, scheint mit einem erhöhten Krebsrisiko
vergesellschaftet zu sein, während die Gabe von Metformin
oder Thiazolidinedionen, die mit einem Abfall der Insulinkonzentration
einhergeht, zu einer Risikoreduktion führt. Allerdings
ist angesichts zahlreicher epidemiologischer Studien, die auf einen
Zusammenhang zwischen einem erhöhten Krebsrisiko und einer
verminderten körperlichen Bewegung hindeuten, nicht ausgeschlossen,
dass die Hyperinsulinämie in Gegenwart einer Insulinresistenz
möglicherweise nur ein Surrogatparameter für eine
reduzierte physische Aktivität ist. In den vergangenen
Jahren sind eine Reihe von Analoginsulinen entwickelt worden, die
aufgrund der veränderten Struktur möglicherweise
eine andere mitogene Wirkung als Humaninsulin haben. Für
das langwirksame Analoginsulin Glargin ergaben die, wenn auch widersprüchlichen,
In-vitro-Daten einen Hinweis auf eine gesteigerte Mitogenität,
die sich im Tierversuch jedoch nicht bestätigte. In diesem Jahr
sind sechs klinische Studien erschienen, die sich mit dem Zusammenhang
zwischen der Gabe des lang wirksamen Analoginsulins Glargin (Lantus®)
und der Entstehung von Krebs beschäftigten. Die aktuellen
klinischen Daten erlauben nicht den Rückschluss auf einen
Zusammenhang zwischen einer Behandlung mit Insulin Glargin und einem
erhöhten Krebsrisiko. Andererseits liegen keine prospektiven
Studien vor, die in Risikopopulationen eine Beeinflussung des Krebsrisiko
ausschließen. In zukünftigen Studien sollte untersucht
werden, ob eine Subpopulation, die durch eine langsamere Metabolisierung
von Insulin Glargin in vivo charakterisiert ist, möglicherweise
ein erhöhtes Krebsrisiko aufweist.
In der vorliegenden Arbeit geben wir einen Überblick über
den Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus, seiner Behandlung mit
Analoginsulinen und Krebs.
Abstract
Numerous epidemiological studies have demonstrated an association
between increased risk of cancer development and progression and
type 2 diabetes mellitus as well as obesity. The underlying mechanisms
remain elusive, but hyperinsulinaemia in the presence of insulin
resistance appears to be an important factor. Hyperinsulinaemia
may favour tumorigenesis, as insulin has not only metabolic actions,
but is also mitogenic at high concentrations. Besides, susceptibility
of tumour cells against insulin may be increased due to changes
in the insulin receptor profile. A diabetes therapy with insulin
or sulfonylureas, which leads to elevated exogenous or endogenous
insulin levels, appears to be related with an increased cancer risk,
whereas administration of metformin or thiazolidinediones, which
is associated with a decrease of insulin concentrations, results
in risk reduction. However, in light of the numerous epidemiological
studies showing an association between increased cancer risk and reduced
physical activity one cannot exclude that hyperinsulinaemia in the
presence of insulin resistance is only a surrogate parameter of
reduced physical activity. In the past years, several insulin analogues
have been developed which may have altered mitogenic actions compared
to human insulin due to their structural changes. For the long-acting
analogue insulin glargine, in vitro data,
though controversial, pointed to an increased mitogenicity that
was, however, not confirmed by in vivo studies.
Recently, six clinical studies have been published that analysed
the association between the application of insulin glargine (Lantus®)
and cancer development. The current clinical data do not allow the
conclusion that treatment with insulin glargine is associated with
increased cancer risk. On the other hand, prospective studies that
exclude an impact on cancer risk in risk populations are currently
not available. Future studies are required to investigate whether
a subpopulation characterised by a less rapid metabolization of
insulin glargine in vivo may be at increased
cancer risk.
In the present article, we give an overview on the association between
diabetes mellitus, its treatment with insulin analogues, and cancer.
Schlüsselwörter
Krebs - Brustkrebs - Mitogenität - Insulin Glargin
Keywords
cancer - breast cancer - mitogenecity - insulin glargine