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DOI: 10.1055/s-0030-1254274
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Berichte - Barriere im Dünndarm senkt das Körpergewicht deutlich
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
25. Mai 2010 (online)
Ein endoskopischer Eingriff könnte bald Menschen mit großem Übergewicht und Typ-2-Diabetes helfen, erfolgreich Gewicht zu reduzieren: Durch eine künstliche Barriere, die endoskopisch im Dünndarm platziert wird, wird die Aufnahme der Nahrung begrenzt.
Wenn Diäten oder Medikamente nicht wirken, ist bisher eine Magenverkleinerung oder eine Darmverkürzung die letzte Möglichkeit, um das lebensbedrohliche Gewicht zu senken. Diese Operationen sind jedoch auch riskant. "Die neue Technik benötigt im Gegensatz dazu keine Bauchschnitte", betont Prof. Jürgen Hochberger, Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie und Bildgebende Verfahren (DGE-BV), auf deren Tagung die neue Technik kürzlich vorgestellt wurde. "Eingriffsdauer und -umfang sind deutlich geringer als bei einer Magenverkleinerung. Dadurch sinkt auch die Komplikationsrate."
"Die Endobarriere ist ein feiner, etwa 60 Zentimeter langer Kunststoffschlauch, der am Magenausgang befestigt wird und den oberen Teil des Dünndarms von innen auskleidet", berichtete Prof. Richard Rothstein, Lebanon-Hanover/New Hampshire, der das Verfahren auf dem 40. Kongress der DGE-BV im März 2010 in Hannover vorstellte. Die Folie ist für den Speisebrei undurchlässig. Die Aufnahme der Nährstoffe erfolgt deshalb erst im unteren Abschnitt des Dünndarms. Der Effekt ist der gleiche wie bei einer Darmverkürzung mit dem Unterschied, dass die Endobarriere jederzeit wieder entfernt werden kann. In den klinischen Studien geschah dies nach 3, 6 oder 12 Monaten. Während dieser Zeit hatten die Patienten nicht nur deutlich abgenommen. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes mellitus besserten sich langfristig auch die Blutzuckerwerte.
Das neue endoskopische Verfahren wird in Deutschland noch nicht praktiziert. Ein erster Hersteller hat laut Rothstein im Dezember 2009 die Erlaubnis erhalten, eine Endobarriere in Europa zu vermarkten (CE-Zertifikat). Weitere könnten folgen. Zunächst soll das Verfahren zur Vorbereitung einer späteren Operation eingesetzt werden, da eine Gewichtsabnahme das Risiko von Komplikationen verringert. Es sei jedoch vorstellbar, dass die Endobarriere für einige Patienten zu einer langfristigen Lösung ihrer Adipositas werde, so Rothstein.
Chirurgische und endoskopische Adipositas-Therapien nehmen weltweit zu. Sie sind die letzte Möglichkeit, wenn Menschen so stark übergewichtig sind, dass Diäten nicht mehr helfen. Wenn diese Eingriffe nicht erfolgen, haben Adipöse eine stark reduzierte Lebenserwartung und auch eine geminderte Lebensqualität durch zahlreiche Folgeerkrankungen der Adipositas. In Deutschland zeigte die "Zweite Nationale Verzehrstudie" zum Essverhalten der Deutschen, dass knapp 80% täglich mehr Fett als empfohlen zu sich nehmen. Dagegen unterschreiten rund 3 Viertel der Menschen die empfohlene Ballaststoffmenge von 30 Gramm täglich. Die Folgen auf der Waage: Jeder 5. zwischen 14 und 80 Jahren hat einen Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 und ist damit adipös. Übergewicht oder einen BMI von über 25 haben 66% der Männer und 51% der Frauen. Experten rechnen zukünftig mit noch mehr übergewichtigen und adipösen Menschen, die als Folge ein sehr hohes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes mellitus haben.