Aktuelle Ernährungsmedizin 2010; 35 - P5_3
DOI: 10.1055/s-0030-1254597

Geschmacksuntersuchungen bei Patienten mit gastrointestinalen und anderen Tumoren unter Chemotherapie

K Kucz 1, S Maluck 2, D Hanrieder 3, A Weimann 1
  • 1Klinikum St. Georg gGmbH Leipzig, Abt. Klinische Ernährung der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Leipzig, Germany
  • 2Klinikum St. Georg gGmbH Leipzig, Fachbereich Akutgeriatrie, Leipzig, Germany
  • 3Hochschule Anhalt, Bernburg, Fachbereich Landwirtschaft/Ökotrophologie/Landschaftsentwicklung, Bernburg, Germany

Einleitung: Appetitlosigkeit, Erbrechen/Übelkeit, Geschmackswahrnehmungsstörungen und Veränderungen in den Lebensmittelpräferenzen sind Folgen antitumoröser Therapien sowie des Tumors selbst. Diese Faktoren bewirken ein beeinträchtigtes Essverhalten und führen zu Gewichtsabnahmen. Durch entsprechende Anpassung des Speisenangebots kann dem Entstehen einer Mangelernährung vorgebeugt werden.

Methodik: Bei 110 Patienten (48 Frauen) mit gastrointestinalen (GI) Tumoren (u.a. 56,4% kolorektale Tumore; 25,5%Tumore Magen u./o. Ösophagus) mit einem Durchschnittsalter von 67±10 (Range:45–93) Jahren wurden am Klinikum St. Georg Leipzig Geschmacksuntersuchungen durchgeführt. Hierbei wurden die Wahrnehmungsschwellen für die Grundqualitäten süß, salzig, sauer, bitter und umami ermittelt. Ein, in der Sensorik anerkanntes, Testverfahren, die „three-alternative-forced-choice“-Methode, fand hierbei Anwendung. Zusätzlich wurde der Ernährungszustand anhand MNA™ ermittelt. Des Weiteren wurden mittels Fragebogen Lebensmittelpräferenzen und -aversionen erfasst. Zum statistischen Vergleich der Daten wurden 140 Patienten (59 Frauen) mit anderen Tumoren (u.a. 22,4% Lymphome; 17,6% CUP; 5,6% Atmungsorgane) im Alter von 19–86 (Median: 67±14) Jahren herangezogen. Statistik: Mann-Whitney-U-Test (p<0,01)

Resultate: Der MNA™ zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Patienten mit GI-Tumoren erzielten 20 (7–28) Punkte, Patienten mit anderen Tumoren 20 (10–29) Punkte. Auch im Vergleich der Geschmackswahrnehmungsschwellen wurden keine signifikanten Unterschiede ermittelt. Die beliebtesten Lebensmittel der Patienten mit GI-Tumoren waren Kartoffeln, Obst, Gemüse und Schokolade, am schlechtesten akzeptiert wurden Reis, Milchprodukte und Fisch. Patienten mit anderen Tumoren bevorzugten am meisten Obst, Gemüse, Käse und Schokolade, während sie Milchprodukte, Rind- und Schweinefleisch am meisten ablehnten.

Konklusion: Die Studie zeigt keine signifikanten Unterschiede im Vergleich des Ernährungszustands und der Geschmackswahrnehmung bei Patienten mit GI-Tumoren vs. Patienten mit anderen Tumoren. Mit durchschnittlich 20, im MNA™, erzielten Punkten lagen jedoch alle Patienten im Risikobereich für Unterernährung. Zur Erhöhung der Therapieeffektivität und zur Verbesserung der Prognose ist ein Entgegenwirken des Gewichts- und Muskelmasseverlustes notwendig. Die verminderte Nahrungsaufnahme könnte durch eine, den geschmacklichen Vorlieben angepasste Ernährung, positiv beeinflusst werden.