Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(2): 153-169
DOI: 10.1055/s-0030-1256412
Ökonomie und Recht

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Multiresistente Erreger contra ärztliche Schweigepflicht

Zulässigkeit der Informationsweitergabe bei Vorliegen einer MRSA-BesiedlungSabine  Beßler
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Publikationsdatum:
11. Mai 2011 (online)

Kernaussagen

Die Tatsache, dass bei einem Patienten eine MRSA-Besiedelung vorliegt, ist ein Geheimnis, das der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt. Der Patient hat ein Recht, dass dieses Geheimnis gewahrt wird und der Arzt sowie das Pflegepersonal machen sich strafbar, wenn sie das Geheimnis unbefugt offenbaren, sprich z. B. unbefugt an den Krankentransport oder die aufnehmende Einrichtung weitergeben.

Eine Weitergabe der Information darf nur erfolgen, wenn eine Befugnis hierfür vorliegt. In Bayern gibt es für die Weitergabe der Information an die Integrierte Leitstelle oder den Krankentransportunternehmer eine gesetzliche Regelung, sodass die Informationsweitergabe an den Krankentransport erfolgen muss und rechtmäßig ist. Für andere Bundesländer besteht diese Regelung nicht. Ebenso wenig existiert derzeit eine gesetzliche Regelung, welche die Informationsweitergabe an die aufnehmende Einrichtung rechtfertigt.

Die Weitergabe der Information, dass ein Patient mit MRSA besiedelt ist, kann regelmäßig aufgrund der anzunehmenden konkludenten Einwilligung des Patienten an den mit-, weiter- und nachbehandelnden Arzt erfolgen. Eine konkludente Einwilligung kann aber nicht bei der Weitergabe der Information an die aufnehmende Einrichtung unterstellt werden.

Die Informationsweitergabe einer MRSA-Besiedelung eines Patienten an den Krankentransport (außerhalb Bayerns) und an die aufnehmende Einrichtung kann rechtssicher nur bei Vorliegen der Zustimmung/Einwilligung des Patienten bzw. ggf. dessen Betreuer/Bevollmächtigten erfolgen.

In Einzelfällen kann eine Rechtfertigung im Rahmen des § 34 StGB gegeben sein. Dies erfordert aber in jedem einzelnen Fall eine Güterabwägung durch den Arzt, der die Information weitergeben möchte.

Die Darstellung in diesem Beitrag erfolgte anhand der MRSA-Besiedelung. Die Rechtsausführungen sind auf andere Bakterienarten, die ebenfalls aufgrund ihrer Antibiotikresistenz eine besondere hygienische Behandlung erfahren und deren Informationsweitergabe nicht gesetzlich geregelt ist, übertragbar.

Literatur

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Sabine Beßler

Klinikum Nürnberg
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