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DOI: 10.1055/s-0030-1256502
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Soziale Ungleichheit und Gesundheit im Kindes- und Jugendalter
Publication History
Publication Date:
22 June 2011 (online)
Einleitung
Eine Vielzahl nationaler und internationaler Studien weist darauf hin, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem sozialen Status und der Gesundheit besteht (Abb. [1]) [1] [2] [3]. Mit dem Begriff des sozialen Status wird Bezug genommen auf die sozioökonomischen Lebensbedingungen und sozialen Teilhabechancen der Menschen und zum Ausdruck gebracht, dass diese auch in Wohlfahrtsstaaten wie Deutschland ungleich verteilt sind. Zur Bestimmung des sozialen Status und Abgrenzung von eher benachteiligten bzw. begünstigten Statuslagen wird zumeist auf Informationen zum Bildungsniveau, zur beruflichen Stellung und zur Einkommenssituation zurückgegriffen [4].
Merke: In weitgehender Übereinstimmung zeigen die vorliegenden Forschungsergebnisse, dass viele Krankheiten und Beschwerden bei Personen mit niedrigem sozialen Status vermehrt auftreten.
Abb. 1 Inwieweit bestimmt der soziale Status die Gesundheit bei Kindern? Die KiGGS-Studie liefert neue und repräsentative Ergebnisse. Quelle: PhotoDisc; Symbolbild.
Darin eingeschlossen sind schwerwiegende Erkrankungen, wie z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ II, chronische Bronchitis und Lungenkrebs. Auch bei bekannten Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Hypertonie oder Hypercholesterolämie sowie krankheitsassoziierten funktionellen Einschränkungen und subjektiven Bewertungen des individuellen Krankheitsgeschehens sind Unterschiede nach dem sozialen Status festzustellen [1] [5].
Diese gesundheitliche Ungleichheit lässt sich in allen Altersgruppen beobachten. Dem Kindes- und Jugendalter dürfte diesbezüglich allerdings eine Schlüsselrolle zukommen, da der Grundstein für ein gesundes und langes Leben bereits in den ersten Lebensjahren gelegt wird und Störungen der frühkindlichen Entwicklung häufig langfristige Folgen haben [6]. Zu beachten sind in dieser Hinsicht einerseits organische Schädigungen, die durch eine Unterversorgung mit lebensnotwendigen Nährstoffen hervorgerufen werden, aber auch andere Ursachen haben können, wie z. B. der mütterliche Tabak- und Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Diese Schädigungen, die insbesondere während Wachstumsphasen auftreten, können häufig nicht kompensiert werden und führen dann bis ins fortgeschrittene Alter zu einer Erhöhung des Krankheits- und Sterberisikos. Beispielsweise sind Zusammenhänge zwischen dem mütterlichen Rauchen und Atemwegserkrankungen wie chronischer Bronchitis oder chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung beschrieben [7]. Andererseits ist auf die Kumulation und Verkettung von Risikofaktoren und deren Auswirkungen auf die Gesundheit über den Lebenslauf zu verweisen. Auch für viele Krankheiten und Gesundheitsprobleme, die erst im mittleren und höheren Lebensalter auftreten, gilt, dass sie auf den langfristigen und kumulativen Einfluss von Risikofaktoren zurückgehen, die zum Teil bereits im Kindes- und Jugendalter etabliert wurden. Als Beispiele hierfür können das Ernährungs- und Bewegungsverhalten sowie der Tabak- und Alkoholkonsum angeführt werden [8]. Sowohl hinsichtlich frühkindlicher organischer Schädigungen als auch der Kumulation von Risikofaktoren lässt sich annehmen, dass diese für die Angehörigen der niedrigen Statusgruppen eine größere Rolle spielen und deshalb zur Entstehung gesundheitlicher Ungleichheit und deren Verfestigung über den Lebenslauf beitragen [9] [10].
Die Datenlage für Analysen zur gesundheitlichen Ungleichheit bei Kindern und Jugendlichen war in Deutschland lange Zeit unzureichend. Zurückgegriffen werden konnte beispielsweise auf Routinedaten einzelner gesetzlicher Krankenkassen, die Schuleingangsuntersuchungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und verschiedene epidemiologische Studien wie die Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD) oder die Health Behaviour in School-aged Children Study (HBSC). Diese Datenquellen beschränken sich allerdings auf bestimmte Altersgruppen und Themenschwerpunkte und können außerdem keine bundesweite Repräsentativität beanspruchen. Aufgrund dessen waren verlässliche Angaben zur Verbreitung vieler Gesundheitsprobleme bei Kindern und Jugendlichen bislang nicht oder nur eingeschränkt möglich. Mit dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Robert Koch-Instituts steht nun seit einigen Jahren eine Datengrundlage zur Verfügung, die einen Großteil der bislang vorhandenen Wissens- und Erkenntnislücken schließt. Im Folgenden werden die Daten der KiGGS-Studie genutzt, um den Zusammenhang zwischen dem sozialen Status und der Gesundheit im Kindes- und Jugendalter umfassend zu beschreiben. Dabei wird auch betrachtet, inwieweit die gesundheitliche Ungleichheit bei Jungen und Mädchen unterschiedlich ausgeprägt ist. Außerdem wird eine Differenzierung zwischen Kindern im Alter bis 10 Jahre und Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren vorgenommen.
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Dr. Thomas Lampert
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