Krankenhaushygiene up2date 2011; 6(3): 171-172
DOI: 10.1055/s-0030-1256847
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Procalcitoningesteuerte Antibiotikatherapie auf der Intensivstation

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Publication Date:
08 September 2011 (online)

Kopterides P, Siempos II, Tsangaris I et al. Procalcitonin-guided algorithms of antibiotic therapy in the intensive care unit: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Cri Care Med 2010; 38: 2229 – 2241

Wesentlicher Bestandteil von Antibiotika-Stewardship-Programmen zur Reduktion von Resistenzentwicklung ist die richtige Indikationsstellung, Auswahl von Antibiotika und Festlegung der Therapiedauer gerade bei Patienten auf der Intensivstation. Biomarker wie Procalcitonin haben hierbei in den vergangenen Jahren neben bzw. gemeinsam mit klassischen Markern wie Leukozytose und C-reaktivem Protein an klinischer Bedeutung gewonnen.

Die Arbeitsgruppe von Kopterides und Siempos hat dies zum Anlass für eine Metaanalyse genommen, die 7 randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt 1131 Patienten (1010 Erwachsene und 121 neonatologische Patienten) hinsichtlich des Erfolges der Implementierung eines procalcitoningesteuerten Entscheidungsalgorithmusses untersucht.

Im Vergleich zur Routinetherapieentscheidung ergaben die procalcitoningesteuerten Algorithmen eine Reduktion der Therapiedauer um 2 Tage (gewichtetes Mittel – 2,36 Tage, 95%-Konfidenzintervall [KI] – 3,11 bis – 1,61) bei der ersten infektiösen Episode und eine Verringerung der Gesamttherapiedauer um 4 Tage (gewichtetes Mittel – 4,19 Tage, KI – 4,98 bis – 3,39). Statistisch signifikante Veränderungen der Outcomeparamter 28-Tage-Mortalität (Odds ratio [OR] 0,93, KI 0,69 – 1,26), Dauer des Intensivaufenthaltes (gewichtetes Mittel – 0,49, KI – 1,55 bis 0,57) und Rückfallrate (OR 0,97, KI 0,56 – 1,69) ergaben sich nicht.

Die Autoren folgern aus ihrer Metanalyse, dass ein procalcitoningesteuerter Algorithmus die Antibiotikaexposition reduziert ohne zu einer erhöhten Komplikationsrate oder Verschlechterung der Mortalität zu führen.

Fazit: Zunächst einmal kann man aufgrund der Daten der Athener Forscher folgern, dass eine Reduktion der Therapiedauer mit Antibiotika bei Therapieentscheidungen aufgrund der Entwicklung des Procalcitoninwertes möglich und für den Patienten sicher ist. In den meisten Studien der Metaanalyse wurde Procalcitonin als Marker zur Beendigung einer Therapie, seltener als Indikator eine Therapie zu beginnen oder nicht antibiotisch zu therapieren, verwendet. In der Praxis wird ein Biomarker auch selten allein sondern immer im Kontext anderer Marker und dem klinischen Bild des Patienten für die Therapieentscheidung herangezogen, was sich auch in den Abweichungen vom Algorithmus in fast der Hälfte der Fälle in einer der einbezogenen Studien widerspiegelt und die Aussagekraft der Metaanalyse limitiert. Ob durch eine Reduktion der Dauer der Antibiotikatherapie Komplikationen (z. B. das Auftreten von Clostridien-assoziierten Infektionen) und Resistenzentwicklungen vermindert werden können, kann aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten der Metaanalyse nicht abgeleitet werden, da das Auftreten von Superinfektionen und multiresistenten Erregern nur in 2 der Studien überhaupt als Outcomeparameter erfasst wurde.

PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg

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