Neuroradiologie Scan 2011; 1(1): 17
DOI: 10.1055/s-0030-1256911
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Baldi S, Zander T, Rabellino M et al. Carotid artery stenting without angioplasty and cerebral protection: a single-center experience with up to 7 years' follow-up. AJNR Am J Neuroradiol 2011; 32: 759–763

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Publication Date:
12 October 2011 (online)

Karotisstenosen: Stentimplantation auch ohne Angioplastie möglich

Sowohl bei symptomatischen als auch bei asymptomatischen Stenosen der A. carotis wird zunehmend die Stentimplantation als Alternative zur Endarteriektomie eingesetzt. Ein Problem dabei ist allerdings, dass sich im Rahmen der Angioplastie Plaques lösen können. S. Baldi et al. untersuchten daher nun, ob eine Stentimplantation auch ohne Angioplastie möglich ist.

Die Autoren schlossen in ihre Studie 236 Patienten mit insgesamt 255 Stenosen der A. carotis ein. Dabei handelte es sich entweder um symptomatische Patienten mit einem Stenosegrad von über 50 %, asymptomatische Patienten mit einem Stenosegrad von mehr als 70 % oder asymptomatische Patienten mit Stenosegraden zwischen 50 und 70 %, die eine Plaquemorphologie von besonders hohem Risiko oder stumme Insulte auf der Seite der Stenose (durch bildgebende Verfahren nachgewiesen) zeigten. Sämtliche Teilnehmer wurden vor der Stentimplantation von einem Neurologen untersucht, der die Indikation für den Eingriff sonografisch oder angiografisch stellte. Auch eine zerebrale CT erfolgte vor der Prozedur. Die Patienten wurden mit 75 mg Clopidogrel und 100 mg Aspirin mindestens 72 h vor dem Eingriff vorbehandelt, diese Doppeltherapie erfolgte anschließend für mindestens 6 Monate (Aspirin auf unbestimmte Dauer). Nach Passage der Stenose mit einem Führungsdraht wurde unmittelbar der Stent implantiert und der Erfolg mit einem Angiogramm dokumentiert. Innerhalb von 48 h erfolgte nochmals ein CT oder MRT. Nachuntersuchungen fanden nach 1, 3, 6 und 12 Monaten statt.

Die Studienkohorte bestand aus 50 Frauen (21 %) und 186 Männern (79 %) im Durchschnittsalter von 71 Jahren. Von den behandelten Stenosen waren 152 (59 %) symptomatisch und 103 (41 %) asymptomatisch. Ein technisch erfolgreicher Eingriff ließ sich in 253 Fällen (99 %) erzielen, die primäre Stentimplantation war in 248 Fällen (98 %) erfolgreich. Das Ausmaß der Stenosen konnte so von durchschnittlich 82 % vor dem Eingriff auf 30 % unmittelbar nach Stentimplantation gesenkt werden. In 156 Fällen betrug der Stenosegrad weniger als 30 %, in 79 lag er zwischen 30 und 50 % und in 20 über 50 %. Transitorische ischämische Attacken (TIA) oder Insulte traten während des Eingriffs nicht auf, 7 Patienten (4 %) zeigten eine Bradykardie und 2 (1,1 %) eine Hypotension. Mittels Bildgebung ließ sich bei 7 von 82 Patienten (8,5 %) ein stummer Infarkt nachweisen. Während der ersten 30 Tage nach Stentimplantation kam es zu 11 TIA, die alle innerhalb der ersten 24 h auftraten, zu 1 folgenlosen Insult, zu 1 Insult mit Residuen und zu 1 Todesfall (jeweils 0,4 %). Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 23 Monaten (172 Patienten) kam es zu 9 Todesfällen (5 %, davon 7 ohne Bezug zum Eingriff und 2 durch Insult) und 3 Schlaganfällen. Außerdem waren 38 (14,8 %) Angioplastien aufgrund einer Restenose bei 19 Patienten (7,4 %) erforderlich.

Fazit
Eine Stentimplantation ohne Angioplastie ist bei Stenosen der A. carotis effektiv und sicher mit einer geringen Zahl periprozeduraler Komplikationen und zufriedenstellenden Langzeitergebnissen, so die Autoren.

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

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