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DOI: 10.1055/s-0030-1257117
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Sinn und Unsinn positiver Routinekulturen nach Katheter-Entfernung
Publication History
Publication Date:
21 December 2011 (online)
Mrozek N et al. Bloodstream infection after positive catheter cultures: What are the risks in the intensive care unit when catheters are routinely cultured on removal? Crit Care Med 2011; 39: 1301 – 1305
Richtlinien zur Prävention katheterassoziierter Septikämien empfehlen keine Routinekulturen der Katheterspitzen nach Entfernung, sondern nur bei Verdacht auf eine Infektion. Dennoch wird vielerorts routinemäßig untersucht. Mrozek und Mitarbeiter analysierten in ihrer retrospektiven Studie diese Praxis und ihre Assoziation mit einer Septikämie mit dem gleichen Erreger wie bei der Kultur der Katheterspitze.
Von 2000 bis 2007 wurden alle arteriellen und zentralvenösen Katheter auf der Intensivstation der französischen Klinik nach Entfernung mittels Brun-Boussion-Spültechnik untersucht. Eine positive Katheterkultur wurde definiert als Nachweis von mehr als 103 koloniebildenden Einheiten/ml. Zielparameter der Untersuchung war die Rate von Septikämien mit dem gleichen Erreger wie in der Katheterkultur innerhalb der folgenden 30 Tage nach Katheterentfernung. Insgesamt 138 positive Katheterkulturen mit 149 nachgewiesenen Spezies wurden untersucht und nur in 2 Fällen (1,3 %) konnte der gleiche Erreger in einer konsekutiven Blutkultur nachgewiesen werden. Bei den positiven Katheterkulturen handelte es sich um 61 ZVK (5 Einzellumen, 7 Doppellumen, 32 Tripellumen und 17 Quadrupellumen), 39 Dialysekatheter und 38 arterielle Katheter. Bei 54 Fällen bestand der Verdacht auf eine Infektion, bei 72 wurde der Katheter nicht länger gebraucht und bei 12 lag eine Dysfunktion bei Entfernung vor.
Ein einziger Erreger wurde bei 89 Fällen nachgewiesen, 2 Erreger bei 14 Fällen und 3 oder mehr Erreger bei 6 Fällen. 81-mal wurden grampositive Kokken (v.a. koagulasenegative Spezies) und 66-mal gramnegative Erreger (v.a. Pseudomonas aeruginosa) nachgewiesen.
Die Autoren betonen in ihrer Diskussion, dass das Ergebnis auch bei Einschluss nur der Patienten mit Infektionsverdacht nicht anders ausgefallen wäre (1 erregergleiche Sepsis bei 54 positiven Katheterkulturen) und das als Einschränkung der Aussagekraft die insgesamt sehr niedrige Katheterinfektionsrate (< 1/1000 Kathetertage) berücksichtigt werden muss. Auch diskutieren sie den möglichen Einfluss einer laufenden Antibiotikatherapie auf die Aussagekraft der Kulturen bzw. als zufällig adäquate Therapie einer nicht blutkulturbestätigten Kathetersepsis.
Fazit: Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Probleme bei der Bewertung mikrobiologischer Ergebnisse von Katheterspitzen im Allgemeinen und bei ungezielter Routinesurveillance im Besonderen und stellt den Beginn oder die selektive Auswahl einer Antibiotikatherapie allein aufgrund dieser Ergebnisse infrage. Einschränkend muss gesagt werden, dass Ausrolltechniken evtl. bessere Ergebnisse erzielt hätten, ebenso wie mehr Blutkulturen bzw. die Anwendung von PCR-Techniken. Eine höhere Assoziation von nachgewiesenen Septikämien mit einer positiven Katheterkultur (12 – 14 % bei Staphylococcus aureus) wird in anderen, von den Autoren zitierten Arbeiten berichtet, die allerdings ausschließlich auf krankenhausweiten Datenbankanalysen beruhten und nicht auf die konkreten Therapieentscheidungen einer Intensivstation übertragbar sind.
PD Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Freiburg