Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0030-1261917
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Epidemiologische Fachgesellschaften für „Geschlechtersensible Planung und Durchführung der geplanten Nationalen Kohortenstudie”
Ein wichtiger Schritt für geschlechtersensible Gesundheitsforschung in DeutschlandPublication History
Publication Date:
20 July 2010 (online)
Die epidemiologischen Fachgesellschaften Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) und Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS) unterstützen gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH) sowie einer Reihe von Verbänden und Vereinigungen, die im Nationalen Netzwerk Frauen und Gesundheit zusammengeschlossen sind, die Stellungnahme „Geschlechtersensible Planung und Durchführung der geplanten Nationalen Kohortenstudie” (siehe Dokumentation der Stellungnahme im Anhang). Mit dieser Stellungnahme werden „…die für die Planung und Durchführung der Nationalen Kohorte verantwortlichen Institutionen und Personen aufgefordert, Geschlechteraspekte umfassend zu berücksichtigen, sowohl bei der inhaltlichen und methodischen Planung als auch bei der Durchführung der Studie und bei der Besetzung der Entscheidungsgremien”.
Dieses Bekenntnis der Fachgesellschaften zu einer geschlechtersensiblen Planung und Durchführung der Nationalen Kohorte ist sehr zu begrüßen. Jetzt müssen Taten folgen und die Frage der Geschlechtersensibilität muss explizit und umfassend auf die Tagesordnung in den Planungsgremien und Pilotprojekten zur Vorbereitung der Nationalen Kohorte.
Mit einem entschiedenen und systematischen Eintreten für geschlechtersensible Gesundheitsforschung, der Initiierung von Fachdiskursen sowie der Entwicklung von modernen geschlechtersensiblen Konzepten und Methoden könnte die Epidemiologie in Deutschland auch international eine Vorbild-Rolle übernehmen. Das Aufgreifen der Geschlechterthematik speziell in medizinisch-gesundheitswissenschaftlicher Forschung wird aktuell auch international intensiv diskutiert. So fordert die Zeitschrift NATURE in einem Editorial ihrer Ausgabe vom 10. Juni 2010 „Putting gender on the agenda”, denn „Medicine as it is currently applied to women is less evidence-based than that being applied to men” [1] [1]. Dabei kann die Epidemiologie in Deutschland ihre Vorreiterrolle weiter ausbauen. Unseres Wissens gibt es weder in Deutschland noch international eine den „Leitlinien für gute epidemiologische Praxis” vergleichbare Regelung zur Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht in der Forschung [3] [4].
Das Programm für die Scientific Community zur weiteren Vorbereitung der Nationalen Kohorte ist mit den in der Stellungnahme enthaltenen Fragestellungen bereits angedeutet:
Die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien muss transparent gemacht und gegebenenfalls verändert werden. Es muss gesichert sein, dass die Geschlechter in angemessener Anzahl in allen Entscheidungsgremien beteiligt sind. Dies betrifft insbesondere das Epidemiologische Planungskomitee und die Arbeitsgruppen sowie die Begutachtungsgremien. Ziel ist eine paritätische Besetzung. Da dies vermutlich nicht ad hoc erreicht werden kann, sind konkrete Schritte für den Weg zu diesem Ziel zu formulieren. Als ersten Schritt schlagen wir vor, dass in jedem Gremium mindestens ein Drittel der Mitglieder Männer bzw. Frauen sind. Des Weiteren muss gesichert werden, dass in allen Entscheidungsgremien Kompetenz in Gender-Medizin bzw. geschlechtersensibler Gesundheitsforschung eingebunden wird (siehe dazu auch Beschluss der GFMK 11). Dies kann z. B. durch Einbindung der vorhandenen Fachkompetenz des Fachbereichs Frauen- und geschlechtsspezifische Gesundheitsforschung der DGSMP und der Arbeitsgruppe Frauen und Gesundheit der DGMS erfolgen. Das Gesamtprogramm der Nationalen Kohorte und ihrer Arbeitsschwerpunkte muss im Hinblick auf Gender Bias reflektiert und gegebenenfalls überarbeitet werden. Hierbei ist z. B. zu fragen, ob Unterschiede zwischen Frauen und Männern in den Lebenslagen, Gesundheitsrisiken, Expositions- und Krankheitshäufigkeiten angemessen aufgegriffen werden. Dies beinhaltet sowohl das Vermeiden eines male bias als auch eines female bias. Dies kann sowohl durch unbegründete Unter- bzw. Überrepräsentanz von Frauen bzw. von Männern in gemischt-geschlechtlichen Studien als auch von Themen, Lebenslagen, Gesundheitsrisiken, Expositions- und Krankheitshäufigkeiten von Frauen bzw. von Männern entstehen. Ein male bias ist z. B. für reproduktionsbezogene Studien und Themen bekannt. In diesem Zusammenhang wurden die Initiatorinnen der Stellungnahme zu Recht darauf hingewiesen, dass das Vereinbaren von Beruf, Ausbildung und Kindern (in der Stellungnahme unter dem Label „Reproduktionsarbeit” subsumiert) auch für Männer eine Belastung sein kann. Das heißt: es muss auch diskutiert werden, was geschlechtersensible Gesundheitsforschung in den unterschiedlichen Kontexten für Frauen UND Männer bedeutet oder bedeuten soll. Dies ist allerdings eine Aufgabe, die nicht auf die Nationale Kohorte beschränkt ist. Jedes Teilprojekt muss entsprechend der Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP), insbesondere Leitlinie 3.2 3 geplant und umgesetzt werden, d. h. es muss ausgeführt werden, wie die Geschlechteraspekte (sex- und/oder gender) bei der Studienplanung, -durchführung und -auswertung operationalisiert werden, u. a.:
Der Forschungsstand muss so aufgearbeitet werden, dass deutlich wird, welches Wissen für Männer und Frauen vorhanden ist. Das schließt die nach Geschlechtern differenzierte Explizierung von Wissenslücken mit ein. Diese Forderung ergibt sich auch aus aktuellen Diskussionen zum Thema „Gute Praxis Gesundheitsinformation” 5. Aus der Fragestellung muss deutlich hervorgehen, welche Wissenslücken für Männer und welche für Frauen geschlossen werden sollen. Das Untersuchungskonzept muss – abgestimmt auf die konkrete Forschungsfrage – systematisch folgende Aspekte berücksichtigen: Geschlechterunterschiede in der Inzidenz, der Prävalenz und dem Schweregrad; die Bedeutung des biologischen Geschlechts, z. B. der Einfluss von Geschlechtshormonen, geschlechtsspezifischer Genregulation und damit einhergehender Unterschiede z. B. in immunologischen Prozessen, auf die Entstehung und den Verlauf von Erkrankungen; die Auswirkungen des sozialen Geschlechts auf Art und Ausmaß relevanter Expositionen, auf Effektmodifikation durch Geschlecht, die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung und auf Diagnose und Therapie sowie die Gendersensibilität bisher eingesetzter Erhebungsinstrumente 6 7.
Gefordert sind jedoch nicht nur die Forschenden selbst, sondern alle in den Prozess involvierten Personen und Institutionen. Wissenschaftliche Zeitschriften, Förderinstitutionen, Aufsichtsgremien (z. B. Ethikkommissionen) müssen die Umsetzung der bereits vorhandenen Leitlinien und gesetzlicher Regelungen konsequent einfordern und diese ggfs. weiter entwickeln. Hierzu ist es erforderlich, die Schritte des Forschungsprozesses im Hinblick auf die Berücksichtigung von Geschlechteraspekten transparent und nachvollziehbar zu beschreiben. Um Missverständnissen vorzubeugen: Das heißt nicht, dass in jeder gemischt-geschlechtlichen Studie Frauen und Männer paritätisch einbezogen werden müssen. Die GEP-Leitlinie fordert jedoch, dass bei Themen und Fragestellungen, die beide Geschlechter betreffen, es einer Begründung bedarf, wenn nur ein Geschlecht in die Studie einbezogen wird. Weiterhin sind mit der 12. AMG-Novelle (§ 40) Ethikkommissionen aufgefordert zu prüfen ob das Studiendesign geeignet ist, „den Nachweis der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit eines Arzneimittels einschließlich einer unterschiedlichen Wirkungsweise bei Frauen und Männern zu erbringen” [8] [9]. Zudem ist zu bemerken, dass nicht nur die wissenschaftlichen, sondern auch die ethischen Aspekte des Gender Bias in der Forschung bislang nur andeutungsweise bearbeitet werden (vgl. z. B. [10]).
Förderinstitutionen müssen sich fragen, wie sie gewährleisten wollen, dass steuerfinanzierte Forschung der Bevölkerung insgesamt zugute kommt. Die Frage der Verteilung auf Männer und Frauen (Gender Budgeting) – in Bezug auf die Forschenden als auch in Bezug auf die Bevölkerung, der die Ergebnisse der Forschung Nutzen bringen soll – ist dabei nicht zu trennen von Fragen wie z. B. nach dem Beitrag zum Abbau sozialer Ungleichheit in der Gesundheit oder für Menschen verschiedener Altersgruppen oder mit/ohne Migrationshintergrund. Darauf bezieht sich auch der beschlossene Leitantrag der 20. Gleichstellungs- und Frauenministerinnen- und -ministerkonferenz (GFMK) im Juni 2010, in dem gefordert wird, Forschung, Diagnostik und Therapie künftig verstärkt auf die unterschiedlichen Belange von Männern und Frauen zu orientieren und hierzu die Erkenntnisse der Gendermedizin zu nutzen und in Leitlinien verbindlich zu integrieren [11].
Eine wichtige Ressource wird in Kürze mit einem auf 3 Jahre angelegten Forschungsprojekt „Epi goes Gender” bereitgestellt, das ab Sommer 2010 vom BMBF gefördert wird. An diesem Projekt sind die epidemiologischen Fachgesellschaften DGMSP, DGEpi und GMDS als Kooperationspartnerinnen beteiligt. Ziel dieses Projektes ist es, gemeinsam mit der epidemiologischen Scientific Community, insbesondere mit Entscheiderinnen und Entscheidern sowie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern vorhandenes Wissen zu geschlechtersensiblen Forschungskonzepten, -methoden und -ergebnissen zusammenzutragen und aufzubereiten (Reviews), neues Wissen zu schaffen (z. B. im Rahmen von Masterarbeiten und Dissertationen) sowie passende an den Bedürfnissen und Bedarfen der Teilnehmenden anknüpfende Fortbildungen zu entwickeln und bereitzustellen, z. B. zur Frage der Operationalisierung von sex und gender in den verschiedenen Stufen des Forschungsprozesses.
Mit der Stellungnahme der Fachgesellschaften sind alle beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufgerufen, dazu beizutragen, (nicht nur) die Nationale Kohorte zu einem Best Practice-Modell guter epidemiologischer geschlechtersensibler Forschung zu machen, denn „Quite simply, if research is not gender sensitive then it is not good research” [12].
Literatur
- 1 OA. Putting gender on the agenda. Nature. 2010; 465 (7299) 665
- 2 Kim AM, Tingen CM, Woodruff TK. Sex bias in trials and treatment must end. Nature. 2010; 465 (7299) 688-689
- 3 Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP), Langversion, Stand Juli. 2008; http://www.dgepi.de/pdf/infoboard/stellungnahme/GEP%20mit%20Ergaenzung%20GPS%20Stand%2024.02.2009.pdf (Zugriff am 14.6.2010)
- 4 Jahn I. Methodische Probleme einer geschlechtergerechten Gesundheitsforschung. In:, Hurrelmann K, Kolip P, Hrsg. Geschlecht, Gesundheit und Krankheit. Männer und Frauen im Vergleich. Bern: Hans Huber; 2002: 142-156
- 5 Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin Hrsg . Die „Gute Praxis Gesundheitsinformation”. Z Evid Fortbild Qual Gesundh wesen. 2010; 104 66-68 http://www.ebm-netzwerk.de/aktuelles/news2010-02-19 (Zugriff am 14.6.2010)
- 6 Bolte G. Gender in der Epidemiologie. Diskussionsstand und Perspektiven. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2008; 51 3-12
- 7 Jahn I. Die Berücksichtigung der Geschlechtersperspektive. Neue Chancen für Qualitätsverbesserung in Epidemiologie und Gesundheitsforschung. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2005; 48 287-295
- 8 Bundesgesetzblatt . Zwölftes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 30. Juli 2004. BGBL 2004. Teil 1 Nr. 41 vom 5. August 2004
- 9 Hahn D, Jahn I, Fuchs J. et al .Die Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht als Beitrag zu einer bedarfs- und bedürfnisgerechten Gesundheitsversorgung. Bericht über ein gemeinsames Symposium der DGSMP und der DGMS im Rahmen des 4. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung. In: Hey M, Maschewsky-Schneider U, Hrsg. Kursbuch Versorgungsforschung. Berliner Schriftenreihe Gesundheitswissenschaften. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2006: 43-57
- 10 Baylis F. Pregnant women deserve better. Nature. 2010; 465 (7299) 689-690
- 11 Beschlüsse der 20. Konferenz der Gleichstellungs- . und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und –senatoren der Länder. Hauptkonferenz am 10. und 11. Juni 2010 in Dresden; . http://www.soziales.sachsen.de/download/Beschluesse_20._GFuk_gesamt.pdf, Zugriff am 20.6.2010
- 12 Kickbusch I. Gender – a critical determinant of health in a global world. International Journal of Public Health. 2007; 52 (1) 3-4
ANHANG
Stellungnahme[i]
Geschlechtersensible Planung und Durchführung der geplanten Nationalen Kohortenstudie
Die geplante Nationale Kohortenstudie ist von außerordentlicher Bedeutung für die Gesundheitsforschung, insbesondere die Epidemiologie, in Deutschland. Deshalb ist es essentiell, hierbei Geschlechteraspekte sowohl bei der Planung der Studie als auch bei der Durchführung adäquat zu berücksichtigen.
Die Kategorie Geschlecht ist von großer Relevanz für Gesundheit und Krankheit. Dies bezieht sich sowohl auf potenzielle biologische Unterschiede (sex) als auch auf gesundheitliche Unterschiede, die sich aus unterschiedlichen Lebensweisen und Lebenslagen ergeben (gender bzw. Umweltfaktoren). Geschlechterunterschiede können alle für epidemiologische Forschung relevanten Aspekte betreffen, wie z. B. Inzidenz und Prävalenz, Symptomatik und Diagnostik sowie Schweregrad und Verlauf von Erkrankungen. Bedingungsgefüge für die Entstehung geschlechtsbezogener Unterschiede von Krankheiten sind für eine angemessene Interpretation der Ergebnisse ebenso wichtig wie für die daraus gezogenen Schlussfolgerungen, z. B. im Hinblick auf Diagnostik, Therapien oder Prävention. Die Chance, auf der Basis einer großen Kohortenstudie komplexe Bedingungsgefüge zu untersuchen, muss auch und gerade für geschlechtsbedingte Differenzen genutzt werden. Aus gesellschaftlicher Sicht geht es dabei vor allem um die Beantwortung der Frage: Wie wird gesichert, dass die angestrebten Wissenszuwächse für die Geschlechter gleichermaßen nützlich sind?
Die epidemiologische Fachwelt in Deutschland hat sich bereits 1998 dazu verpflichtet, Geschlechteraspekte in epidemiologischen Studien angemessen zu berücksichtigen: „… Zum Beispiel sind Studiendesign und Untersuchungsmethodik so anzulegen, dass die geschlechtsspezifischen Aspekte des Themas bzw. der Fragestellung angemessen erfasst und entdeckt werden können.” (DAE 2000, GEP Empfehlung 3.2). Die geplante Nationale Kohortenstudie darf diese für die Qualität epidemiologischer Studien wichtige Leitlinie nicht außer Acht lassen.
Im Sommer 2008 schrieb auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Faktor Gender bzw. Gleichstellungsbemühungen in ihren Empfehlungen zur Bewertung von Forschungsanträgen fest. Das bedeutet, dass zukünftig die Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht in der Forschung und die Gleichstellungsbemühungen antragstellender Institutionen bei der Vergabe von Fördergeldern eine maßgebliche Rolle spielen werden.
Mit der „Offensive Chancengleichheit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern” verfolgen die großen Wissenschaftsorganisationen Deutsche Forschungsgemeinschaft, Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren, Fraunhofer Gesellschaft, Hochschulrektorenkonferenz, Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Wissenschaftsrat vor allem das Ziel, den Frauenanteil in Entscheidungs- und Führungspositionen zu erhöhen.
Wir fordern die für die Planung und Durchführung der Nationalen Kohorte verantwortlichen Institutionen und Personen auf, Geschlechteraspekte umfassend zu berücksichtigen, sowohl bei der inhaltlichen und methodischen Planung als auch bei der Durchführung der Studie und bei der Besetzung der Entscheidungsgremien.
Fragen zur Berücksichtigung von Geschlechteraspekten bei der Planung und Durchführung der Nationalen Kohorte
-
Wie wird die Gute Epidemiologische Praxis (GEP) umgesetzt; insofern, dass die Forschungsprozesse von Anfang an und durchgängig so angelegt werden, dass Geschlechteraspekte berücksichtigt werden?
-
Wie werden sex- und gender-Aspekte der Kategorie Geschlecht bei der Studienplanung, -durchführung und -auswertung operationalisiert?
-
Wie wird gesichert, dass bei allen einzubeziehenden thematischen Schwerpunkten eine Begründung im Hinblick auf die Nützlichkeit des erwarteten neuen Wissens für beide Geschlechter erfolgt?
-
Werden die Arbeitsschwerpunkte geschlechtersensibel konzeptioniert, z. B. Berücksichtigung von Unterschieden in der Art und Häufigkeit von Expositionen, durch Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt, unterschiedliche Lebensweisen und Lebenslagen?
-
Werden Aspekte (z. B. Risikofaktoren) von Gesundheit und Krankheit für beide Geschlechter spezifisch und differenziert betrachtet, wie z. B. die unterschiedliche Betroffenheit durch interpersonelle Gewalt?
-
Wie wird das Thema Work-Life-Balance berücksichtigt? Wird Reproduktionsarbeit geschlechtersensibel berücksichtigt, d.h. Doppel- oder Dreifachbelastungen von Frauen?
-
Wie ist die Geschlechterverteilung in den Entscheidungsgremien? Was wurde getan, um eine möglichst paritätische Besetzung zu erreichen?
Diese Stellungnahme wird unterstützt von (Stand Juni 2010)
-
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. (AKF)
-
Bremer Forum Frauengesundheit
-
Bundesverband der Frauengesundheitszentren in Deutschland e. V.
-
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V. (DGEpi)
-
Deutsche Gesellschaft für Frauenheilkunde und Geburtshilfe e. V. (DGPFG)
-
Deutsche Gesellschaft für medizinische Soziologie (DGMS)
-
Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)
-
Deutsche Gesellschaft für Public Health e. V. (DGPH)
-
Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)
-
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie e. V. (DGVT)
-
Deutscher HebammenVerband e. V. (DHV)
-
Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e. V.
-
Landesverband für Krebsselbsthilfegruppen Sachsen-Anhalt e. V. Miteinander Füreinander
-
Netzwerk Frauengesundheit Berlin
1 Der in diesem Kontext hergestellt Bezug zu „personalized medicine” [1] bzw. „personalized health care” [2] ist Thema des diesjährigen gemeinsamen Herbstkongresses der DGSMP/DGEPI in Berlin 2010. Dort wird es – organisiert vom Fachbereich „Frauen- und geschlechtsspezifische Gesundheitsforschung” der DGSMP – einen Workshop „Geschlechtersensible Forschung in der Medizin und Epidemiologie” geben (Freitag, 24.9.2010, 9–10.30, Seminarraum 2), an dem u. a. eine Vertreterin der DFG zu den Gleichstellungsmaßnahmen der DFG und anderer Wissenschaftsorganisationen und den Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards referieren wird.
2 Die Stellungnahme wurde initiiert und erarbeitet von Ingeborg Jahn und Gabriele Bolte, Sprecherinnen des Fachbereichs Frauen- und geschlechtsspezifische Gesundheitsforschung in der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) sowie Daphne Hahn und Petra Brzank, Sprecherinnen der Arbeitsgruppe Frauen und Gesundheit in der Deutschen Gesellschaft für Medizinsoziologie (DGMS).
Korrespondenzadresse
Dr. I. Jahn
Fachgruppe
Sozialepidemiologie
Bremer Institut für
Präventionsforschung und
Sozialmedizin (BIPS)
Universität Bremen
Linzer Straße 10
38359 Bremen
Email: jahn@bips.uni-bremen.de