Psychother Psychosom Med Psychol 2011; 61(1): e10-e14
DOI: 10.1055/s-0030-1263161
Kurzmitteilung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Reliable, valide und ökonomische Erfassung früher Traumatisierung: Erste psychometrische Charakterisierung der deutschen Version des Adverse Childhood Experiences Questionnaire (ACE)

The Reliable, Valid and Economic Assessment of Early Traumatization: First Psychometric Characteristics of the German Version of the Adverse Childhood Experiences Questionnaire (ACE)Katja Wingenfeld1 , Ingo Schäfer2 , Kirsten Terfehr1 , Heike Grabski1 , Martin Driessen3 , Hans Grabe4 , Bernd Löwe1 , Carsten Spitzer1
  • 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Hamburg
  • 2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Hamburg
  • 3Evangelisches Krankenhaus Bielefeld, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bethel, Bielefeld
  • 4Universitätsklinik, Psychiatrie, Greifswald
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Publikationsverlauf

eingereicht 16. Juni 2010

akzeptiert 3. August. 2010

Publikationsdatum:
27. September 2010 (online)

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Zusammenfassung

Für den deutschsprachigen Raum stehen derzeit nur wenige gut evaluierte Instrumente zur Erfas-sung traumatischer Ereignisse in der Kindheit und Jugend zur Verfügung. Die wohl breiteste internationale Verwendung hat der „Childhood Trauma Questionnaire” (CTQ), der mittels 28 Items verschiedene Bereiche frühen Missbrauchs und Vernachlässigung erfasst. Mit 10 Items deutlich kürzer ist der „Adverse Childhood Experiences Questionnaire” (ACE). Zudem ist auch das dichotome Antwortformat im Vergleich zur 5-stufigen Lickert Skala des CTQ einfacher. Untersucht wurden 102 Patienten einer psychosomatischen Klinik, 99 Studenten und 100 Kontrollprobanden aus der Allgemeinbevölkerung. Es zeigte sich eine zufriedenstellende interne Konsistenz des ACE sowie hohe Korrelationen mit dem CTQ. Die Zusammenhänge mit Fragebögen zu Depression, Angst und körperlichen Beschwerden waren deutlich geringer ausgeprägt. Die deutsche Version des ACE stellt somit ein reliables, valides und ökonomisches Screeninginstrument zur retrospektiven Erfassung von belastenden Erfahrungen in Kindheit und Jugend dar.

Abstract

There are only few questionnaires for the retrospective assessment of traumatic experiences during childhood and adolescence. The “Childhood Trauma Questionnaire” (CTQ) is one of the most widely used scales. The CTQ includes 28 items covering several domains of early abuse and neglect on a 5-point Likert scale. The “Adverse Childhood Experiences Questionnaire” (ACE) consists of only 10 items. In this study we investigated 102 psychosomatic inpatients as well as 99 students and 100 adults from the general population. The internal consistency of the ACE was satisfying. Furthermore, we found high correlations with the CTQ, while the associations between depression, anxiety and bodily symptoms and ACE scores were low to moderate. In sum, the ACE is a reliable, valid and economic screen for the retrospective assessment of adverse childhood experiences.

1 Anhang

Auszüge der ACE Items und Itemcharakteristik

Einleitung: Vor ihrem 18. Geburtstag:

%ja

rit*

α**

Item 1

Hat einer Ihrer Eltern oder ein anderer Erwachsener in Ihrem Haushalt oft oder sehr oft…
Sie beschimpft, beleidigt, erniedrigt oder gedemütigt…

24,3

0,65

0,71

Item 2

Hat einer Ihrer Eltern oder ein anderer Erwachsener in Ihrem Haushalt Sieoft oder sehr oft
gestoßen, gepackt, geschlagen oder einen Gegenstand nach Ihnen geworfen…

16,6

0,45

0,74

Item 3

Hat ein Erwachsener oder eine Person, die mindestens 5 Jahre älter war als Sie, jemals…Sie
mit sexuellen Absichten angefasst oder gestreichelt…

14,3

0,30

0,76

Item 4

Hatten Sie oft oder sehr oft das Gefühl, dass…niemand in Ihrer Familie Sie liebte oder
niemand dachte, Sie seien wichtig und wertvoll …

29,9

0,60

0,71

Item 5

Hatten Sie oft oder sehr oft den Eindruck, dass … Sie nicht genug zu essen hatten,
Sie schmutzige Kleidung tragen mussten und niemanden hatten, der Sie beschützte …

8,3

0,42

0,74

Item 6

Verloren Sie einen Ihrer biologischen Eltern durch Scheidung, Trennung oder aus anderen
Gründen?

28,2

0,31

0,76

Item 7

Wurde Ihre Mutter bzw. Stiefmutter oft oder sehr oft gestoßen, gepackt, geschlagen oder
wurde etwas nach ihr geworfen …

12,3

0,47

0,74

Item 8

Haben Sie mit jemandem zusammengelebt, der Alkoholprobleme hatte, alkoholabhängig
war oder Drogen konsumierte?

21,6

0,49

0,73

Item 9

Hatte ein Mitglied Ihres Haushalts Depressionen, war psychisch krank oder hat einen
Selbstmordversuch unternommen?

24,3

0,31

0,76

Item 10

War ein Familienmitglied im Gefängnis?

7,0

0,33

0,75

*rit =korrigierter Trennschärfekoeffizient

**α=Cronbachs α der Skala, falls das Item weggelassen wird

Korrespondenzadresse

Dr. Katja Wingenfeld

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Psychosomatische Medizin

und Psychotherapie

Martinistraße 52

20246 Hamburg

eMail: k.wingenfeld@uke.uni-hamburg.de