physiopraxis 2010; 8(7/08): 21
DOI: 10.1055/s-0030-1263286
physiowissenschaft

Becken- und Rumpftraining – Mehr Muskelaktivität mit Ball

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Publication Date:
28 July 2010 (online)

 

Es gibt viele Möglichkeiten, die Muskeln des Lenden-Becken-Hüftkomplexes (engl. auch „Core” genannt) zu aktivieren. Kanadische Forscher fanden nun heraus, dass Übungen mit einem großen Gymnastikball die Muskeln stark aktivieren – teilweise sogar stärker als traditionelle Übungen ohne Ball.

Das Team um Physiotherapeut Rafael Escamilla von der California State Universität in Sacramento, USA, untersuchte bei 18 jungen, gesunden Probanden, wie hoch die Muskelaktivität bei Core-Stabilitätsübungen mit und ohne Gymnastikball ist. Dazu verglichen die Forscher acht Ballübungen mit zwei Bauchmuskelübungen ohne Gerät. Für einige Ballübungen gingen die Teilnehmer in den Liegestütz, die Beine lagen auf dem Ball. Aus dieser Position führten sie unter anderem folgende Übungen durch: Kniebeuge, Liegestütz und Hüftbeuge mit gestreckten Knien. Bei einer weiteren Übung gingen die Probanden in den Kniestand und rollten den Ball mit den Unterarmen so weit nach vorne, bis auf ihnen das meiste Körpergewicht lag. Bei einer anderen Aufgabe saßen die Teilnehmer auf dem Ball und hoben abwechselnd die Knie an. Als Bauchübungen ohne Gerät führten die Probanden einen Crunch und einen Sit-up durch. Beim Crunch lagen sie mit angestellten Beinen auf dem Rücken und hoben ihren Oberkörper an, bis sich beide Schulterblätter vom Boden lösten. Beim Sit-up hoben sie den gesamten Oberkörper, bis die Ellenbogen neben den Knien waren. Die Probanden übten alles in zufälliger Reihenfolge fünf Mal nach gleichem zeitlichem Muster: Sie gingen eine Sekunde in die Endposition, hielten diese für eine weitere Sekunde und gingen innerhalb der nächsten Sekunde zurück in die Ausgangsposition. Nach jedem Durchgang bewerteten die Teilnehmer mit der Borg-Skala, wie anstrengend die Übung war. Um zu messen, wie aktiv die Core-Muskeln waren, brachten die Forscher Elektroden an diverse Bauch-, Rücken- und Hüftmuskeln an. Daraus leiteten sie dann ein Elektromyogramm (EMG) ab.

Am höchsten war die EMG-Aktivität bei der Übung im Kniestand und beim Hüftbeugen mit gestreckten Knien im Liegestütz. Hier arbeitet die gesamte Bauchmuskulatur sowie der M. latissimus dorsi. Bei den restlichen Ballübungen war die EMG-Aktivität ebenso hoch wie beim Crunch und beim Sit-up. Die mit Abstand niedrigste EMG-Aktivität wurde beim Anheben der Knie im Sitz auf dem Ball gemessen. Die paraspinale Muskulatur war bei allen Übungen wenig aktiv.

Rafael Escamilla und seine Kollegen sehen ihre Studie als einen Beitrag für die tägliche Praxis. Sie warnen allerdings davor, die EMG-Aktivität gleichzusetzen mit der Kraftentwicklung des Muskels.

hebe

J Orthop Sports Phys Ther 2010; 40: 265–276