Dialyse aktuell 2010; 14(6): 303
DOI: 10.1055/s-0030-1265076
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das bleibt hängen

Birgit Kleinlein
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. August 2010 (online)

Er wurde mit einem Blutdruck von 200/118 mmHg eingeliefert. Da war Darren C. erst Anfang 20 und studierte Sportwissenschaften am College. Bis auf Kopfschmerzen und schwarze Flecken im Gesichtsfeld hatte er keine Beschwerden, bereitete sich gerade auf einen Wettkampf vor. Als die Ärzte im Krankenhaus den Funktionsverlust der Nieren diagnostizierten, führte an einem sofortigen Dialysebeginn bereits kein Weg mehr vorbei. Für den sportbegeisterten jungen Mann brach eine Welt zusammen.

An sich sind Schilderungen von betroffenen Patienten wie diese, die auf einer Pressekonferenz im Rahmen des ERA-EDTA-Kongresses im Juni in München stattfand, für mich als Journalistin immer – wie soll ich es sagen – etwas unangenehm. Auf Pressekonferenzen bin ich es gewöhnt, Fachvorträge von Medizinern über neue Studien und Entwicklungen in der Medizin zu hören. Doch da geht es um Fakten und nicht um menschliche Schicksale, die die Patienten vor wildfremden Menschen ausbreiten. Doch ich muss zugeben, gerade Letztere bleiben hängen – und verdeutlichen dabei, was wir doch alle wissen (sollten) und schon so oft gehört haben. Die Prävalenz chronischer Nierenerkrankungen nimmt deutlich zu und an dieser Entwicklung haben gerade die massive Ausbreitung von Diabetes und Bluthochdruck Anteil, betonte Professor Christoph Wanner, der Präsident des diesjährigen Nephrologenkongresses.

Die Botschaft an die Öffentlichkeit ist ebenso einfach wie wichtig: Früherkennung ist gerade bei Nierenerkrankungen das A und O. Denn mithilfe jährlicher Checks könnte man Nierenstörungen in einem Frühstadium erkennen und das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten bzw. verlangsamen. „Die CKD-Früherkennung ist einfach, tut nicht weh und kostet wenig“, brachte es Professor Reinhard Burnhorst, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, auf den Punkt. Doch leider sind die „Nierenwerte“ – im Gegensatz beispielsweise zum allseits bekannten Cholesterinwert – den wenigsten Menschen ein Begriff. Die Niere führt – völlig zu Unrecht – im Gesundheitsbewusstsein immer noch ein stiefmütterliches Dasein.

Übrigens, mit dem Sport war es trotz Dialyse für Darren nicht vorbei, inzwischen ist er Mitglied im „Transplant Team Ireland“ und hat bei den Europameisterschaften für Transplantierte und Dialysepatienten 2008 in Würzburg 4 Goldmedaillen gewonnen (unter anderem im 100-, 200- und 400-Meter-Lauf). Vielleicht ist das oder der Bericht auf Seite 315 von Jörg Rockenbach über seine Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften für Dialysepatienten und Transplantierte auch für die von Ihnen betreuten Patienten ein Ansporn, an die eigene Leistungsfähigkeit zu glauben und sich sportlich zu betätigen?

Birgit Kleinlein

Stuttgart

    >