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DOI: 10.1055/s-0030-1267168
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Perspektiven der Neurosonologie
Perspectives in NeurosonologyPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
07. Dezember 2010 (online)

Diese Ausgabe der Klinischen Neurophysiologie ist neueren Entwicklungen in der Neurosonologie gewidmet, die besonderes Potenzial für die klinische Anwendung versprechen. Wenn noch vor wenigen Jahren Ultraschall in der Neurologie fast ausschließlich mit dem Nachweis von Stenosen im Rahmen zerebrovaskulärer Fragestellungen assoziiert war, so hat sich diese Perspektive jetzt deutlich in Richtung auf neue Applikationsmethoden wie die B-Bild-Darstellung von Hirnparenchym und peripheren Nerven erweitert. Der Bildgebung mit Ultraschall liegt ein spezielles physikalisches Prinzip zugrunde, das auf unterschiedlicher Reflexion von Schallwellen an Grenzflächen beruht. Es werden damit grundsätzlich andere Darstellungen des Gewebes erzeugt als mit Bildgebungsverfahren, denen physikalisch Magnet- oder Röntgenstrahlen zugrunde liegen. Die Zukunft der Neurosonologie liegt daher dort, wo dieser spezifische Unterschied zum Tragen kommt und klinische Bedeutung erlangt. Die Beiträge zur Muskel-, Nerven- und Hirnparenchymsonografie geben einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklung und veranschaulichen, wie nahe hier die technische Entwicklung, die klinische Forschung und die praktische Anwendung beieinanderliegen: „translationale” Neurosonologie, um einen Begriff zu nutzen, der zurzeit landauf landab abgedroschen wird.
Nach Jahren technischer Tüftelei ist die Emboliedetektion methodisch ausgereift und kann klinisch eingesetzt werden, dies gilt abhängig von der Indikationsstellung auch für die automatische Emboliedetektion. Die ACES-Studie belegt ein anderes Mal mehr, dass Mikroembolien eng mit einem deutlich erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden sind (s. Beitrag von W. Mess). Die Zeit ist reif, dass diese Erkenntnis den Patienten zugutekommt. Leider findet sich aber derzeit kein Sponsor, der bereit wäre auf der Basis von Mikroembolien eine Interventionsstudie zu finanzieren und damit eine individualisierte Schlaganfallprävention zu ermöglichen, die über triviale Addition von Risikofaktoren hinausgeht. Auch ohne Interventionsstudien kann der Nachweis von Mikroembolisationen für Therapieentscheidungen, die auf pathophysiologischen Überlegungen beruhen, sinnvoll genutzt werden; dies ist in der alltäglichen medizinischen Praxis nichts Besonderes. Nebenbei ist bemerkenswert dass in der ACES Studie bei 467 Patienten mit asymptomatischer Karotisstenose innerhalb von 2 Jahren nur 10 ipsilaterale Schlaganfälle aufgetreten sind. Interventionsstudien zu diesem Thema sind damit ohne zusätzliche Selektionskriterien wie z. B. Emboliedetektion kaum realistisch durchführbar.
Die Beiträge dieses Heftes sind dazu gedacht, neurosonologisch interessierte Leser neugierig zu machen. Sie sollen dazu anregen die Schallsonde selbst in die Hand zu nehmen um unmittelbar nachzuvollziehen was in dieser Ausgabe der Klinischen Neurophysiologie behauptet und zur Diskussion gestellt wird. Es gibt nicht mehr viele apparative Methoden in neurologischer Hand, die das noch so ohne Weiteres erlauben.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Manfred Kaps
Neurologische Klinik
Justus-Liebig-Universität
Am Steg 14
35385 Gießen
eMail: Manfred.Kaps@neuro.med.uni-giessen.de