Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0030-1267309
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Trends in der diagnostischen Radiologie 2009 – Filmverbrauch und Bestand an CT- und MRT-Geräten
Publication History
Publication Date:
04 October 2010 (online)
Die diagnostische Radiologie spiegelt als ein zentrales Fach der Medizin gut die Aktivitäten im Gesundheitswesen wider (durchschnittlich nutzt sie jeder Bürger jährlich etwa 1,5-mal, ohne Zahnaufnahmen). War in der nicht digitalen Radiologie und außerhalb der Schnittbildverfahren die Untersuchungshäufigkeit dem Filmverbrauch proportional und konnte dieser auch als Grundlage zur Abschätzung der Strahlenexposition der Bevölkerung dienen, ist dies mit zunehmender Digitalisierung des Faches nicht mehr der Fall. Dennoch spiegeln diese Änderungen und die einiger Großgerätezahlen eindrucksvoll auch die methodischen und strukturellen Änderungen des Fachgebietes und die daraus resultierenden Änderungen im Personalbedarf wider.
Die mitgeteilten Zahlen sind aufsummierte Angaben der Industrie (ZVEI, (Abb. [1], [2]).
Die Abb. 1 zeigt den Gesamtverbrauch an Filmen in der diagnostischen Radiologie seit 1990 (ohne intraorale Zahnaufnahmen, einschließlich Mammografiefilm). Der Rückgang auf nunmehr 34 % des Maximalwertes und der steile Abfall in den letzten Jahren lässt die filmfreie diagnostische Radiologie schon bald Realität werden.
Abb. 2 Der zeitliche Verlauf des Filmverbrauchs gesondert für die digitalen Verfahren und die konventionelle Diagnostik, ohne Mammografiefilm (DR: cigitale Radiografie).
Hinweise auf frühere Mitteilungen finden sich im Heft 6 (2008) dieser Zeitschrift, die Trends für 2008 im Heft 8 (2009).
Im Jahre 2009 haben sich für den Filmverbrauch die Trends der letzten Jahre fortgesetzt, die CT-Gerätezahl ist aber um 160 zurückgegangen, die Anzahl der MRT-Geräte ist um 85 gestiegen (Tab. [1]).
Tab. 1 Bestand an CT- und MRT-Geräten
Der Verbrauch an Filmen, die mit Verstärkungsfolien belichtet werden, also die konventionelle analoge Radiologie, ist auf 1,9 Mio. m2 geschrumpft. Bezogen auf das Maximum des Verbrauchs (1995) beträgt der Rückgang 84 %. Dies bedeutet, dass der Übergang zu digitalen Techniken auch im Bereich der konventionellen Untersuchungen ein erhebliches Ausmaß angenommen hat und dass die Schnittbildverfahren die Überlagerungsbilder der Zentralprojektion weiter zurückdrängen, um den Preis einer ständig steigenden Strahlenexposition der Bevölkerung und einem zunehmenden Personalmangel (nicht nur in Deutschland). Insgesamt wurden 2009 5,79 Mio. m2 Film für medizinische Zwecke verbraucht. Das bedeutet einen Rückgang auf nunmehr 34 % des Maximalwertes. Der Filmverbrauch für Indirektaufnahmen (CT, MRT, DR) ist vom Maximalwert 2000 auf 56 % zurückgegangen (von 6,55 Mio. m² auf 3,67 Mio. m2). Doch ist hier ein weiterer schneller Rückgang zu erwarten, weil die elektronische Speicherung und Kopien auf CD oder Papier deutlich billiger sind als die Filmbilder und sich deshalb durchsetzen. Die für blaues Licht empfindlichen Filme (für Kalziumwolframatfolien) sind bei einem Anteil von noch fast 100 % vor 20 Jahren praktisch vom Markt verschwunden. Bei den Verstärkungsfolien haben sich offenbar grün emittierende Folien durchgesetzt, um ebenfalls in naher Zukunft vom Markt zu verschwinden. Bei den Filmen für Laserdrucker ist der Anteil der Nasssysteme von 74 % (2000), 34 % (2004), auf 5,6 % (2009) zurückgegangen, sodass schon bald ein völliges Verschwinden der Nasssysteme absehbar ist. Lag die Anzahl der Mammografien mit Film-Folien-Kombinationen seit 1991 etwa konstant bei 2,5 Mio. (bei 4 Aufnahmen/Untersuchung), zeichnet sich seit 2006 ein deutlicher Übergang zur digitalen – und damit nicht mehr einfach zählbaren – Mammografie ab. Bezogen auf 2006, dem Jahr mit der größten ausgelieferten Mammografiefilmmenge (0,62 Mio. m2) betrug der Rückgang im Filmverbrauch 65 % auf nunmehr 0,217 Mio. m2, entsprechend etwa 1,1 Mio. nicht digitalen Untersuchungen. Der Bestand an MRT-Geräten hat erwartungsgemäß wie in allen Vorjahren weiter zugenommen (+85), der Bestand an CT-Geräten ist jedoch deutlich – um 160 – zurückgegangen. Damit war die Anzahl der Schnittbildgeräte insgesamt Anfang 2010 erstmals kleiner als 1 Jahr vorher. Das Verhältnis MRT-Geräte zu CT-Geräten nähert sich weiter dem Verhältnis 1 : 1 (1 : 1,23). Seit 1994, also nachdem die neuen Bundesländer, was den Gerätebestand betrifft, weitgehend Westniveau erreicht hatten (Fortschr Röntgenstr 1996), hat sich der MRT-Gerätebestand verfünffacht, und die CT-Gerätezahl hat sich etwas mehr als verdoppelt. In den neuen Bundesländern gab es 1990 1 MRT-Gerät und etwa 15 CT-Geräte. Im 5-Jahresplan ab 1990 sollte der Bestand um 9 MRT- und 40 CT-Geräte erhöht werden. Tatsächlich gab es 1994 bereits 41 MRT- und 158 CT-Geräte (ohne Berlin mit 58/15 Geräten). Mit den Änderungen des Filmverbrauchs und der Gerätetechnik sind erhebliche Änderungen an früher häufigen Untersuchungsarten, den dazu benutzten Geräten und dem Personalbedarf einhergegangen. Nicht mehr angewendet werden die Schirmbildfotografie, die Verwischungstomografie, die Bildverstärkerfotografie/Kinematografie, die Seriografie mittels Schirmbild- oder Bildverstärkerfotografie oder mit Blatt- oder Rollfilmwechsler. Stark Rückläufig ist die Durchleuchtung mit Röntgenbildverstärker – Fernsehketten und die gesamte Dunkelkammertätigkeit, einschließlich der damit verbundenen Chemie.
Angemerkt sei, dass nach UNSCEAR weltweit 5 % der Ärzte Radiologen sind, in Deutschland aber 2008 nur 6690 bei der Bundesärztekammer registriert waren (ohne Strahlentherapeuten, Nuklearmediziner und Facharztkandidaten). Das waren 2,1 % aller Ärzte, und damit war nicht einmal das um 1980 in vielen Ländern erreichte Verhältnis von 1 Radiologen auf 10 000 Einwohner erreicht. Um einen ähnlichen Facharztbestand wie international üblich zu erreichen, müssten jahrelang über 350 Prüfungen für das Fach Radiologie bestanden werden und um einen Bestand von über 12 000 zu halten etwa 300. Der Zuwachs hat von 1998 bis 2008 nur 965, also etwa 100 pro Jahr betragen, und die Zahl der Facharztprüfungen (Zugang) könnte bei etwa 200 gelegen haben. Würde man einen 5 %-Anteil an der Ärzteschaft erreichen, wären das 15 500 Radiologen.
Das ist der wesentliche Grund dafür, dass in Deutschland, im Unterschied zu fast allen entwickelten Ländern, die diagnostische Radiologie, einschließlich Interventionen, zu einem wesentlichen Teil (mehr als 1 Drittel) nicht von Radiologen ausgeübt wird.
Dr. Wilfried Angerstein
Email: Dr.WilfriedAngerstein@t-online.de